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Sensoren gegen Überdüngung Batteriebetriebene Mini-Labore für den Acker

Quelle: Pressemitteilung Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU)

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In Landwirtschaft steckt eine Menge chemisches Know-How, insbesondere bei der Düngung der Felder. Die Nährstoffe müssen schließlich möglichst passgenau auf die Saat eingestellt werden, wobei Überdüngung und ein Überschreiten von Grenzwerten zu vermeiden sind. Damit das gelingt, braucht es zuverlässige Kontrollmöglichkeiten. Dafür entwickelt ein Team der Uni Kiel nun Mini-Sensoren, die Laborwerte des Bodens direkt vor Ort im Feld bestimmen sollen.

Das interdisziplinäre Team der CAU will ein Messgerät entwickeln, das rund um die Uhr die wichtigsten Nährwerte direkt im Boden erfasst. Landwirtinnen und Landwirten soll es eine optimale, datenbasierte Düngung ermöglichen.
Das interdisziplinäre Team der CAU will ein Messgerät entwickeln, das rund um die Uhr die wichtigsten Nährwerte direkt im Boden erfasst. Landwirtinnen und Landwirten soll es eine optimale, datenbasierte Düngung ermöglichen.
(Bild: Zimmermann/Gerken)

Laut einem Bericht der EU-Kommission sind über 60 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Böden in der Europäischen Union überdüngt. Die Folgen sind eine Versauerung der Böden, verunreinigte Gewässer, eine geringere Artenvielfalt und sinkende Ernten. Ein geplantes EU-Gesetz mit neuen Düngevorgaben soll die Bodenqualität verbessen, stellt Landwirte aber vor weitere Herausforderungen. Tägliche schwankende Nährstoffwerte und aufwendige Laboranalysen machen es extrem schwierig, Bodendaten zeitnah zu ermitteln und die Bewirtschaftung daran anzupassen.

Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) will daher ein Messgerät entwickeln, das rund um die Uhr zentrale Nährstoffwerte im Boden erfasst. Der Sensor soll Nitrat-, Ammonium- und Phosphatwerte direkt in der Erde messen und in Echtzeit auslesbar machen. Die EU fördert das Projekt „Soilmonitor“ mit rund 2,5 Millionen Euro. Es ist Anfang November 2022 gestartet und auf drei Jahre angelegt.

Ziel: 24/7-Messung der Nährstoffe im Boden

„Um die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung zu sichern, braucht es beides – hohe Ernteerträge und gesunde Böden“, sagt Prof. Eckhard Quandt, CAU-Vizepräsident für Forschung und Transfer. Die EU-Förderung ermögliche einen wichtigen Beitrag für eine effizientere und zugleich umweltschonendere Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen.

Geplant ist ein batteriebetriebenes Gerät von etwa 5 cm x 3 cm x 3 cm Größe, das im Erdboden eingesetzt wird und dort automatisch Bodenflüssigkeit entnimmt und analysiert, ein so genanntes mikrofluidisches „Lab-on-a-Chip“. Zeitaufwendige Probenentnahmen, Laboranalysen und Wartungsarbeiten würden damit entfallen. Per Smartphone oder anderen Software-Anwendungen könnten Landwirte die Ergebnisse des Mini-Labors jederzeit auslesen und ihr Düngeverhalten sofort anpassen. „Dieses Sensorsystem im Format einer Streichholzschachtel ermöglicht zum ersten Mal eine 24/7-Messung der Nährstoffe im Boden und damit eine optimale, datenbasierte Düngung“, sagt Martina Gerken, Professorin für Integrierte Systeme und Photonik an der Technischen Fakultät und Leiterin des Projekts.

Passgenaue Düngung braucht neue Messtechnik

„Die Technologie hinter dem geplanten Mini-Bodensensor basiert auf einem optoelektronischen Detektionschip. Dieser nutzt organische Leuchtdioden zur optischen Auslesung, die an der CAU entwickelt worden sind. „Mit hydrophilen Keramikmaterialien wollen wir die Entnahme der Bodenflüssigkeit erleichtern“, erklärt Projektleiterin Gerken weiter. Die Sensorentwicklung wird im Zentrum für Vernetze Sensorsysteme (ZEVS) an der Technischen Fakultät angesiedelt. Im Sommer 2023 soll das Gebäude, das sich zurzeit noch im Bau befindet, auf dem Ostufer-Campus in Kiel eröffnet werden.

Ziel ist ein batteriebetriebenes Mini-Labor, das automatisch Bodenflüssigkeit aufnimmt und analysiert. Die Ergebnisse werden per Funk in Echtzeit übertragen.
Ziel ist ein batteriebetriebenes Mini-Labor, das automatisch Bodenflüssigkeit aufnimmt und analysiert. Die Ergebnisse werden per Funk in Echtzeit übertragen.
(Bild: Spielvogel/Gerken)

„Direkte Nährstoff-Messungen im Boden, die kontinuierlich erhoben werden, sind deutlich aussagekräftiger als die heutigen punktuellen Messungen an Bodenproben oder indirekte Messungen zum Beispiel über Pflanzenblätter“, sagt Sandra Spielvogel, Professorin für Bodenkunde an der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät und Teil des Projektteams. „Vor allem die Nitratgehalte in Böden sind sehr variabel und erfordern daher eine neue Messtechnik, um eine passgenaue Düngung zu ermöglichen.“ Für eine reibungslose Aufnahme der Bodenlösungen will Spielvogel unter anderem Böden mit verschiedenen Porengrößen und -verteilungen, Lagerungsdichten und Wassergehalten untersuchen und in Feldversuchen testen.

Betriebswirtschaftliche Aspekte mit berücksichtigt

Das Projekt „Soilmonitor“ baut auf Gerkens Forschungen in vorherigen EU-Projekten auf (ERC-Starting Grant „Photo Smart“ und ERC-Proof-of-Concept „Beamolded“), aus denen bereits zwei Patente hervorgegangen sind. Außerdem führte sie erste Marktanalysen durch und baute ein Partnernetzwerk auf. Mit der neuen Förderung aus dem „EIC Transition“-Programm der EU will das interdisziplinäre Team aus Elektrotechnik, Chemie, Bodenkunde und BWL einen Prototyp entwickeln und zur Marktreife bringen. „Unser langfristiges Ziel ist die Gründung eines Unternehmens, um den Soilmonitor in größerem Maßstab für Anwendungen in der Landwirtschaft und in der Bodensanierung zu produzieren. Neben einem eigenständigen System soll es auch eine Komponente geben, die sich in bestehende Systeme integrieren lässt“, sagt die Projektleiterin.

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Das Projekt wird außerdem unterstützt von Prof. Dr. Henning Kage (Acker- und Pflanzenbau, wissenschaftlicher Leiter des Versuchsbetriebes Hohenschulen) sowie von Prof. Dr. Achim Walter (Gründungs- und Innovationsmanagement) und Prof. Dr. Carsten Schultz (Technologiemanagement).

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