Symbiose im Insektenreich Die Chemieküche des Bienenwolfs
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Bienenwolf-Eier werden von symbiotischen Bakterien mit einem Antibiotika-Cocktail vor Erregern geschützt. Gleichzeitig produzieren die Eier giftige Gase gegen Schimmel in der Bruthöhle. Wie die Symbionten diese Giftgase überleben, hat nun eine Studie von Forschern des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena und der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz gezeigt.

Bienenwölfe sind eine Gattung von solitären Grabwespen, die für ihre Fortpflanzung ein grausam anmutendes Verhalten zeigen. Die Weibchen fangen Honigbienen, lähmen sie mit einem Stich und schleppen sie in unterirdische Bruthöhlen. Dort legen sie ihre Eier ab, wobei die gefangenen Bienen den schlüpfenden Larven später als Nahrung dienen.
Eine Besonderheit findet sich in den Antennen der Bienenwölfe. Dort beherbergen sie symbiotische Bakterien, die einen Antibiotika-Cocktail aus bis zu 49 verschiedenen Substanzen produzieren, der die Larven der Bienenwölfe vor Schimmelpilzen schützt. Mit der Eiablage deponieren Bienenwolf-Weibchen die symbiotischen Bakterien in einer weißen Masse an der Decke der Brutzelle.
Schimmelbekämpfung in der Bruthöhle
In der feuchten Erde der Bruthöhle kann es schnell zu Schimmelbildung kommen, was die Haltbarkeit der gefangenen Bienen und somit der potenziellen Nahrung stark einschränkt. Aus früheren Studien wussten die Forschenden, dass die Eier der Bienenwölfe das giftige Gas Stickstoffmonoxid freisetzen. „Wir Menschen kennen Stickstoffmonoxid vor allem aus Autoabgasen, in denen es reichlich vorhanden ist“, erläutert Tobias Engl vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, einer der Hauptautoren, die Zielsetzung der Studie. Das freie Radikal kann die Atemwege schädigen und den Sauerstofftransport im Körper beeinträchtigen, weshalb Auspuffgase so gefährlich für die Gesundheit sind. Das Bienenwolf-Ei mache sich die toxischen Eigenschaften von Stickstoffmonoxid zunutze, um die unterirdische Brutzelle, in der es sich entwickelt, zu desinfizieren und so die Ausbreitung von krankheitserregenden Keimen zu verhindern. „In der Brutzelle befinden sich jedoch auch die Antibiotika produzierenden Symbiose-Partner des Bienenwolfs. Mit unseren Untersuchungen wollten wir herausfinden, wie die bakteriellen Helfer die Freisetzung des giftigen Gases aus dem Ei überleben“, sagt Engl.
Zunächst vermuteten die Forschenden, dass die Bakterien sich selbst davor schützen können, vergiftet zu werden. Dafür sprach eine Beobachtung an solchen Genen, die am Schutz gegen das Gas beteiligt sind. Wenn die symbiontischen Bakterien unter Laborbedingungen mit dem schädlichen Gas konfrontiert wurden, wurden diese Gene hochreguliert. „Weitere Experimente in der Bruthöhle selbst zeigten aber, dass die Aktivierung der Schutz-Gene bei Weitem nicht ausreicht, um die hohen Stickstoffmonoxid-Konzentrationen zu überleben“, sagt Chantal Ingham von der Johannes-Gutenberg-Universität, die zweite Hauptautorin der Studie. „Unter Umweltbedingungen war eine Hochregulierung dieser Gene bei den Symbionten in der Bruthöhle dann auch gar nicht mehr nachweisbar.“
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So überleben die Symbionten das giftige Stickstoffmonoxid
Die Lösung, wie die symbiontischen Bakterien das Stickoxid in der Bruthöhle überleben, fanden die Wissenschaftler, als sie die weiße Substanz genauer unter die Lupe nahmen, die von den Antennendrüsen der Bienenwolf-Weibchen abgesondert wird. Insbesondere untersuchte das Forschungsteam die Wirkung des Sekrets und der darin enthaltenen Kohlenwasserstoffe gegen das giftige Stickstoffmonoxid.
Experimente zeigten, dass die Kohlenwasserstoffe, die die Symbiose-Bakterien im Antennendrüsensekret des Bienenwolfs umgeben, das Stickstoffmonoxid von den Symbionten fernhalten. Das Sekret fungiert als eine Diffusionsbarriere und schützt so die Bakterien vor Schäden durch das giftige Gas. „Dies ist eines der wenigen Beispiele, die deutlich machen, wie ein Insekt seine eigenen Symbionten während der gefährdeten Phase der Übertragung von einer Generation zur nächsten schützen kann“, kommentiert Engl. „Es beschreibt außerdem eine weitere spannende Funktion von Kohlenwasserstoffen, die bei Insekten in erster Linie dem Schutz vor Austrocknung und natürlichen Feinden sowie der chemischen Kommunikation dienen.“
Übergabe an die nächste Generation
Symbiotische Bakterien werden in vielen Insektenarten von einer Wirtsgeneration auf die nächste übertragen. Diese Übertragung kann einerseits über die Keimbahn erfolgen. Oftmals befinden sich die Symbionten aber auch über einen Zeitraum außerhalb des Wirts. „Bei den meisten dieser Symbiosen ist unklar, wie es den Symbionten gelingt, außerhalb des Wirts zu überleben, von dem sie meistens vollkommen abhängig sind“, schildert Studienleiter Martin Kaltenpoth, der am Jenaer Max-Planck-Institut die Abteilung Insektensymbiose leitet. „Die Bienenwolf-Symbiose ist ein faszinierender Fall von gegenseitigem Schutz: Die Symbionten schützen den Wirt vor Krankheitserregern, indem sie Antibiotika produzieren. Der Wirt wiederum schützt seine Symbionten durch eine Schicht von Kohlenwasserstoffen vor der eigenen Abwehr gegen Krankheitserreger.“ Der nun vorgestellte Mechanismus zeige, wie sich Bienenwölfe gegen Pathogene verteidigen können, während sie gleichzeitig die Symbiose mit ihren bakteriellen Helfern aufrechterhalten, fasst Kaltenpoth die Bedeutung der Studienergebnisse zusammen.
Weitere Experimente sollen jetzt zeigen, ob nur das spezielle Kohlenwasserstoffgemisch des Bienenwolfs besonders gut geeignet ist, die Symbionten schützen oder ob im Grunde jeder Kohlenwasserstoff diese Aufgabe erfüllen könnte.
Originalpublikation: Ingham, C. S., Engl, T., Matarrita-Carranza, B. A., Vogler, P., Huettel, B., Wielsch, N., Svatoš, A., Kaltenpoth, M.: Host hydrocarbons protect symbiont transmission from a radical host defense, Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, Vol. 120, No. 31 (2023); DOI: 10.1073/pnas.2302721120
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