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Nachhaltigkeitskommunikation in den Life Sciences Der Greenwashing-Falle entkommen: Vier Tipps zeigen wie

Von Dr. Kerstin Hermuth-Kleinschmidt* & Heiner Weigand** |

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Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Doch die Angst vieler Life-Siences-Unternehmen, mit einer gut gemeinten aber schlecht umgesetzten Kommunikationskampagne Schiffbruch zu erleiden, ist groß. Hier finden Sie vier Tipps wie man der Greenwashing-Falle entkommt und stattdessen mit seiner Nachhaltigkeitskommunikation einen aktiven Dialog startet.

Abb. 1: Wird Nachhaltigkeit von Unternehmen ungeschickt kommuniziert, wittern viele Greenwashing.
Abb. 1: Wird Nachhaltigkeit von Unternehmen ungeschickt kommuniziert, wittern viele Greenwashing.
(Bild: ©olly; ©j-mel - stock.adobe.com_[M]-Kübert)

Tue Gutes und rede darüber. Geradezu sprichwörtlich stehen Charity und Philanthropie für Nachhaltigkeit und Kommunikation. Aber, so richtig und wichtig es ist, dass sich Menschen und Unternehmen für ihre Mitmenschen und die Umwelt engagieren, so schwierig kann dies im Kontext der Unternehmenskommunikation sein. Denn Nachhaltigkeit ist keine Frage des Good-Will, sondern, wie im vorigen Teil dieser Artikelserie rund um das Thema Nachhaltigkeit in den Life Sciences erläutert wurde, eine Kernfunktion im Unternehmen mit der Aufgabe, ökologische, soziale und ökonomische Ziele in Einklang zu bringen.

Nachhaltigkeit in das Zentrum des wirtschaftlichen Handelns zu stellen, eröffnet völlig neue Wege für die Kommunikation, und das nicht nur im Marketing. So hat sich beispielsweise der Anbieter für Liquid Handling Technologie und Laborprodukte Starlab aus Hamburg Ende 2020 ein neues Corporate Design gegeben, das sich nicht nur deutlich im Look & Feel von der Konkurrenz abhebt, sondern auch ein klares Statement in Richtung Nachhaltigkeit und Innovation ist. „Passionate for Science“ lautet der neue Claim dazu und er soll ein klares Statement sein für Zukunft und Fortschritt, wie Klaus Ambos, Geschäftsführer von Starlab, verrät: „Mit unseren Produkten werden die Entdeckungen gemacht, die die Welt und unser Leben tagtäglich verbessern. Deshalb wollen auch wir einen Beitrag leisten, diesen Fortschritt zu unterstützen und so nachhaltig wie möglich zu machen. Das ist in der Laborbranche natürlich eine große Herausforderung.“

Das Beispiel von Starlab zeigt, dass Nachhaltigkeit kein Selbstzweck sein darf. Sie steht immer im Unternehmenskontext und muss sich auch in den Handlungen wiederfinden. Insofern unterscheidet sich Nachhaltigkeitskommunikation im Kern nicht von ihrem klassischen Pendant. Unternehmen, die dies nicht berücksichtigen und lediglich „Grüne Kommunikation“ herausstellen, tappen schnell in die Greenwashing-Falle, ob bewusst oder unbewusst. Ein Fehler, der von der Kundschaft schnell entdeckt und sanktioniert wird.

Die vier Content-Gattungen

Mit der Digitalisierung der Kommunikationslandschaft wurde deutlich, dass die bis dahin geläufige Ordnung in Mediengattungen wie TV, Print, Hörfunk, below und above the line nicht mehr zeitgemäß sind. Die digitale Maschine benötigt permanent neues Futter – und das ist Content: Bild, Text und Video in ausreichender Menge. Daher scheint es sinnvoll, den Content in den Mittelpunkt zu stellen und zu qualifizieren. Herausgekommen sind vier Content-Gattungen, die anhand ihrer Verwendung unterteilt werden:

  • Owned Content, sind die Inhalte, die Sie selbst generieren und über Ihre eigenen Plattformen wie die Unternehmenswebseite, eine Printbroschüre oder einen Videokanal publizieren. Hier haben Sie die Hoheit über den Inhalt und die Reichweite.
  • Beim Paid Content haben Sie ebenfalls die Kontrolle über den Content, da Sie für seine Erstellung und Verbreitung bezahlen. Was früher Werbung genannt wurde, reicht heute allerdings viel weiter.
  • Die Reichweite verdienen muss man sich mit Earned Content. Dieser wird nicht oder nur in Teilen von Ihnen erstellt und auch die Reichweite unterliegt nicht Ihrer Kontrolle, sondern der von Redakteuren und Bloggern. Die Regel hier: was interessant ist, verbreitet sich auch.
  • Besonders interessant muss Content sein, wenn er als Social Content nicht nur von Journalisten, sondern von Kunden, Interessenten und Onlinenutzern aufgegriffen, verarbeitet und weiterverbreitet werden soll. Als Anbieter können Sie diesen Content lediglich moderieren. In Sachen Glaubwürdigkeit und Vertrauensbildung ist Social Content natürlich von besonderer Bedeutung.

Nachhaltigkeit – Life Sciences kommunizieren verhalten

Zunächst einmal sind es schlicht rechtliche Restriktionen, die es Unternehmen mitunter unmöglich machen, bestimmte Produkte zu bewerben oder über spezifische Verfahren zu publizieren. Angefangen bei Fragen der Pharmakovigilanz, also der Arzneimittelsicherheit, oder dem Heilmittelwerbegesetz, das Patient*innen vor unlauterer oder unrichtiger Werbung schützen soll. Spricht man mit Pharmaunternehmen, ist eine Antwort auf die Frage nach der zurückhaltenden Kommunikationsstrategie häufig die rechtliche Situation. Überdies sind Produkte der Medizin- und Labortechnik, ebenso wie Pharmaerzeugnisse hochkomplex und erklärungsbedürftig – weshalb die Kommunikation zumeist auf technische Details und damit verbundenen Vorteilen fokussiert. Für viele Unternehmen erscheint Nachhaltigkeit als Argument in der Kommunikation wie eine zusätzliche Ebene, die ihre Welt nicht leichter, sondern eher noch komplizierter macht.

Die vermutlich größte Hürde in puncto Nachhaltigkeitskommunikation ist jedoch die vermeintliche Furcht vieler Unternehmen, Ziel eines öffentlichen Furors zu werden. Und diese Furcht ist nicht ganz unbegründet. Von Tierversuchen bis hin zu geneideten Gewinnmargen reicht das Spektrum der Vorbehalte. Und unter dem #labwasteday gibt es nicht nur eine Diskussion um Single-Use-Produkte und dem damit verbundenen Plastikverbrauch im Labor, sondern es findet sich auch der ein oder andere kritische Post von übermäßig verpackten Verbrauchsmaterialien mit der Frage an das Unternehmen, warum das so sein muss.

Den ersten Teil dieser Artikelserie zum Thema Nachhaltigkeit in den Life Sciences finden Sie hier:

Mit einer halbherzig aufgezogenen Nachhaltigkeitskampagne, die nicht auf einer transparenten und authentischen Grundlage fußt, wird man vom ersten Windhauch umgeblasen, vom nicht selten tobenden Shitstorm via Twitter & Co. ganz zu schweigen. Meint man es ernst, lohnt es sich, auch in den kritischen Dialog zu gehen, sich des Themas Nachhaltigkeit anzunehmen und die eigenen Anstrengungen nach außen zu tragen – nur eben richtig. Doch was sind die Erfolgsfaktoren einer nachhaltig guten Kommunikationsstrategie? Eigentlich, und das ist die gute Nachricht, ändert sich gegenüber der klassischen Kommunikation nicht viel. Nur eines ist besonders wichtig – und das betont auch Silke Hohmeier, Managing Director bei Nova Biomedical in Mörfelden-Waldorf: „Es ist wichtig authentisch zu sein. Eine Gefahr des Greenwashings besteht, wenn man unglaubwürdig wird.“

Tipp Nr. 1: Bleibe authentisch! – „The Truth Well Told.“

Bereits 1912 hat die Werbeagentur McCann sich und eigentlich der gesamten Kommunikationsbranche mit diesem Missionstatement den Fahrplan für gute Kommunikation ins Pflichtenheft geschrieben. Aufrichtige und authentische Kommunikation ist der Schlüssel und dabei gar nicht so schwer zu erreichen. Das beginnt bei den Grundlagen der Wirtschafts- und Werbeethik. Der Deutsche Werberat hat der Werbe- und Kommunikationsbranche sechs klare und einfache Regeln aufgestellt, die als Leitplanken für jegliche Publikation hilfreich sind [1].

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EVENT-TIPP

Green Shift – Cutting Emissions | 1. September 2021

Industrie und Klimaschutz – Geht das zusammen? Kommen Sie am 1. September zum Hybrid-Event Green Shift – Cutting Emissions “ und lassen Sie sich für die Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft der Industrie inspirieren. Erfahren Sie, wie Sie von nachhaltigen Geschäftsmodellen profitieren und knüpfen Sie wertvolle Kontakte mit führenden Experten und Industrievertretern.

Schwierig wird es immer dann, wenn der öffentliche Auftritt des Unternehmens mit dessen Handlungen nicht übereinstimmt. Das schafft Missmut bei der Kundschaft. Wie es anders geht, zeigt ein Unternehmer, der zwar mit Biotechnologie und Medizintechnik nicht viel zu tun hat, sich aber dennoch als authentischer Firmeninhaber hervortut: Trigema-Eigentümer Wolfgang Grupp. Der Burladinger Textilfabrikant hatte im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 immer wieder beklagt, dass angestellte Manager ohne persönliche Haftung zu wenig Verantwortung trügen. Als Konsequenz daraus wandelte Grupp sein Unternehmen öffentlichkeitswirksam von einer Kapitalgesellschaft zum Einzelunternehmen mit seiner Person als Vollhafter um [2]. Der Schritt mag zunächst als reiner PR-Gag erscheinen, im Kern jedoch zeigt Grupp, dass ein konsequentes Handeln immer eine positive Resonanz erzeugt. Und in der Tat war Grupp daraufhin ein gern gesehener Gast in Talkshows und auf Kongressen; mit ihm natürlich immer auch sein Textilunternehmen.

Authentizität bedeutet auch, Transparenz herzustellen. Und auch damit tun sich viele Unternehmen schwer. Transparenz bedeutet im Kontext der Nachhaltigkeit das Aufzeigen bestimmter Prozesse und des „work in progress“.

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