Digitalmikroskopie Digitalmikroskopie hilft, Geldfälscher zu entlarven
Trotz vieler Vorkehrungen kommen immer wieder gefälschte Banknoten in den Umlauf. Sind die meisten gefälschten Euro-Scheine ohne Hilfsmittel als Blüten erkennbar, so braucht es die Hilfe der Mikroskopie, um die Handschrift der Fälscher zu ermitteln. Zusätzlich zu Stereomikroskopen setzt die Bundesbank auch auf die Digitalmikroskopie, um Fälschungen noch genauer untersuchen zu können.
Anbieter zum Thema
LaborPraxis: Herr Weber, welche Aufgabe haben Sie als Sachverständiger für Banknotenfälschungen und Ihre Kollegen im Nationalen Analysezentrum der Deutschen Bundesbank?
Martin Weber: Als Nationales Analysezentrum ist es unser gesetzlicher Auftrag, uns um falsche und falsch verdächtigte Banknoten und Münzen zu kümmern. Weiterhin kümmern wir uns um beschädigtes Bargeld, das wir dem Einreicher, wenn die Erstattungskriterien erfüllt sind, ersetzen. Mein Team ist dabei auf falsche Banknoten spezialisiert. Zusätzlich begutachten wir für die Polizei alles, was laut Gesetz wie Bargeld gehandhabt wird: Zahlungskarten, Wertpapiere, Reiseschecks sowie kursfähige Gold- und Silbermünzen. Unsere Kernaufgabe ist also nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, festzustellen, ob Banknoten echt oder falsch sind. Das sehen unsere geschulten Augen auf den ersten Blick. Viel wichtiger für uns ist, zu untersuchen, ob eine Fälschung zu bereits bekannten passt und mit welchen Verfahren sie hergestellt wurde. Ein Fälscher hinterlässt eine ganz individuelle Handschrift. Er verwendet immer dasselbe Herstellungsverfahren und konzentriert sich meist auf bestimmte Sicherheitsmerkmale, die er für wichtig hält, oder die er besonders gut zu beherrschen glaubt. Meistens begeht er dann an anderen Stellen leicht erkennbare Fehler. So können wir Fälschungen meist eindeutig einem zunächst unbekannten Täter zuordnen. Wird dieser gefasst, können wir vor Gericht nicht nur beweisen, dass und wie er die Scheine hergestellt hat, sondern auch Anhaltspunkte geben, über welchen Zeitraum er tätig war.
LaborPraxis: Wie untersuchen Sie in Ihrem Analysenzentrum die Fälschungen?
Weber: Wir konzentrieren uns bei unserer Arbeit fast ausschließlich auf die visuelle Untersuchung. Dazu setzen wir Stereomikroskope mit bis zu 100-facher Vergrößerung mit verschiedenen Lichtquellen und Filtern ein. Zusätzlich ist ein „Fälscher-nahes“ Fachwissen für unsere Arbeit unerlässlich. Alle fünf Sachverständigen in unserer Gruppe haben ein Studium der Druckereitechnik absolviert. Wenn wir eine Fälschung unter dem Mikroskop mit Auflicht, Durchlicht oder UV-Licht betrachten, erkennen wir sehr genau, auf welche Weise sie hergestellt wurde.
LaborPraxis: Welche Vorteile bietet Ihnen die Digitalmikroskopie?
Weber: Das neue Digitalmikroskop ist für uns eine gute wie notwendige Ergänzung. In punkto Vergrößerung stoßen wir mit den Stereomikroskopen an unsere Grenzen. Nun können wir mit höheren Vergrößerungen und besserer Schärfentiefe Papierstrukturen, Farben und Pigmente wesentlich genauer untersuchen, beispielsweise Effektpigmente und Beugungsstrukturen bei Hologrammen. Auch weil die Tintenstrahldrucker der Fälscher immer feiner auflösen, benötigen wir hohe Vergrößerungen. Die Flexibilität des Digitalmikroskops ist für uns ebenfalls sehr vorteilhaft. Ein Beispiel: Mit dem Kippstativ können wir die Bewegungseffekte bei den Sicherheitsmerkmalen aufnehmen. Mit den höheren Vergrößerungen und den flexiblen Zoom-Optiken lässt sich auch wesentlich detaillierter nachweisen, ob mit Drucker oder Papier, die die Polizei bei Verdächtigen beschlagnahmt hat, bekannte Fälschungen hergestellt wurden. Die digitale Technologie ist für uns auch deshalb wichtig, weil die Dokumentation unserer Arbeit einen sehr hohen Stellenwert einnimmt. Es gibt kein Ergebnis, das nicht in digitalen Bildern festgehalten wird. Sei es für Gutachten mit aussagekräftigen Bildern, die vor Gericht die Beweisfindung erleichtern, oder für Diskussionen im Kollegenkreis. Zudem helfen Bilder von Fälschungsdetails in unserem gut funktionierenden, europaweiten Netzwerk, den Tätern auf die Spur zu kommen. In Deutschland entstehen vergleichsweise wenige Fälschungen. Die größten Mengen stammen von international organisierten Gruppen.
(ID:356377)