Meilenstein Spektroskopie Egal bei welcher Wellenlänge: Die große Welt der Spektroskopie
Die Spektroskopie ist eine verbreitete Analysemethode. Am Beispiel der Massenspektrometrie zeigen wir aktuelle Trends und was sich auf diesem Gebiet in den vergangenen Jahrzehnten getan hat.
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Kaum ein Chemiestudent oder Auszubildender, der nicht direkt in den ersten Tagen seiner Berufsausbildung mit der Spektroskopie in Kontakt gekommen ist. Wenn Natrium eine Bunsenbrennerflamme gelb aufleuchten lässt, zeigt dies die Umwandlung von Wärmeenergie zu Strahlungsenergie (Bilder zur Flammenfärbung von Metallsalzen). Solche Energieänderungen finden auch in jedem Spektrometer statt, egal ob im Radiowellen- (NMR-Spektroskopie) oder im Röntgenstrahlungsbereich (Röntgenspektroskopie). Wichtige Methoden, die sich in den vergangenen Jahrzehnten im Labor etabliert haben, sind u.a. die UV-Vis-Spektroskopie, die IR-Spektroskopie, die Atomabsorptions- und Atomemissionsspektrometrie, die Ramanspektroskopie oder auch die Massenspektrometrie. Gerade die Massenspektrometrie entwickelt sich in vielen Bereichen wie der Pharma- oder der Umweltanalytik zur Detektionsmethode der Wahl.
Die aktuelle Forschung zu alternativen Energieerzeugungs- und -speicherungsmethoden ist für Simon Nunn, Manager Business Development, Vibrational Spectroscopy bei Thermo Fisher, ein Beispiel für die Wichtigkeit der Spektroskopie. „Die Lösung der globalen Erwärmung und der Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Quellen erfordern neue Materialien, Transportmittel und Produktionsprozesse. All dies treibt die Nachfrage nach Spektroskopie; von der Materialentdeckung bis zur Produktion.“ So können beispielsweise neue Materialien mit Raman-Imaging-Systemen wie dem DXR 2xi untersucht oder Rohstoffe für erneuerbare Kraftstoffe in der Wareneingangskontrolle mit FTIR-Spektrometern wie dem NocoIet iS 50 kontrolliert werden (Unterschied zwischen Spektroskopie und Spektrometrie: s. Ergänzendes zum Thema).
Trends der Spektroskopie – Entwicklung in zwei Richtungen
Generell hat sich die Spektroskopie für Nunn in die zwei Richtungen „Forschung“ und „Routine“ entwickelt: „Forschungsinstrumente werden sich im Einklang mit den Bedürfnissen der Wissenschaftler und der von ihnen untersuchten Materialien entwickeln. In der Materialwissenschaft wird die Notwendigkeit, kleinere, kompliziertere Strukturen zu verstehen, zu einer verstärkten Kopplung von Spektroskopie mit Mikroskopie führen.
In den Biowissenschaften wird die Notwendigkeit, Krankheiten in frühen Stadien zu diagnostizieren und zu verstehen, die Entwicklung schneller bildgebender Systeme, spektroskopischer medizinischer Geräte und verbesserter Chemometrie vorantreiben. Dagegen werden Routine-Instrumente kleiner, robuster und weniger teuer.“ Zusätzlich ist derzeit noch ein Trend nach mobiler Analytik zu beobachten. Tragbare Spektrometer wie das FT-IR-Handspektrometer Tru-Defender oder das Massenspektrometer Mini-Ruedi wurden entwickelt, um unbekannte Chemikalien direkt vor Ort zu analysieren – in Militär, Katastrophenschutz, Feuerwehren, Industrie und Umweltschutz.
Am Beispiel der Massenspektrometrie sollen nun einige Entwicklungen vorgestellt werden, die durchaus auch als exemplarisch für andere Bereiche der Spektroskopie stehen können.
Langer Weg zu den ersten kommerziellen Massenspektrometern
„Es sollte doch einen einfacheren Weg geben, sein Auskommen zu haben“, stöhnte einst ein Entwickler des US-Massenspektrometrie-Pioniers Consolidated Engineering Corporation, CEC. Auf Basis der Arbeiten von Thomson, Aston, Bainbridge, Dempster, Nier & Co., die man wohl als „Gründerväter“ der Massenspektrometrie bezeichnen kann, hatten in den USA und Großbritannien etablierte Unternehmen wie CEC oder MetroVick der Technologie in den 1940er Jahren zwar zur Kommerzialisierung verholfen. Vorsichtig ausgedrückt, genossen Massenspektrometer zu jener Zeit dennoch den Ruf, dass sie einer sehr umsichtigen und geschickten Handhabung bedürfen. Ein Massenspektrometer füllte zu jener Zeit eher einen ganzen Raum als eine Laborbank, und sei doch die „Maschine, die nahezu nie richtig funktioniert.“ Dieser Ausspruch eines frühen Anwenders in den USA war lange Zeit geflügeltes Wort der Branche.
Es gehörte also ein gehöriger Schuss Optimismus dazu, Massenspektrometer für den kommerziellen Gebrauch auch in Deutschland bauen zu wollen. Der junge Physiker Dr. Ludolf Jenckel hatte sich genau dies in den Kopf gesetzt. Der gebürtige Bremer, beschäftigt bei den Bremer Atlas-Werken, trug seine Idee 1947 seinen Vorgesetzten vor – und wurde abgewiesen. Zu exotisch, zu ungewiss, zu groß der Technologie-Rückstand gegenüber den USA und Großbritannien und überhaupt, zu weit entfernt vom Kerngeschäft des Unternehmens sei dieses Projekt. Er insistierte und erhielt schließlich die Erlaubnis, sich halbtags und auf eigenes Risiko seiner Vision zu widmen. Auch dieser Hartnäckigkeit Jenckels ist es wohl zu verdanken, dass Bremen heute eines der führenden Zentren für Massenspektrometrie in Europa ist. Ein Jahr später wurde eine kleine Division, Atlas MAT (Mess- und Analysen-Technik) gegründet und mit dem 60° Sektorfeld MS I der erste Prototyp vorgestellt. 1967 wurde MAT von Varian Associates (Palo Alto, USA) übernommen und durch dessen weltweite Marketing-Aktivitäten zu einem führenden Hersteller von Massenspektrometern. 1981 folgte die Übernahme durch den damals führenden GC/MS-Hersteller Finnigan, San Jose, USA.
1990 wurde wiederum Finnigan von Thermo Electron Corp. übernommen, woraus im Jahr 2006 schließlich Thermo Fisher Scientific wurde. Die Verbreiterung des Produktportfolios schritt immer weiter voran. Die damals neue MALDI-Technologie öffnete als schonende Ionisierungsmethode neue Horizonte für biochemische Applikationen und erlaubte erstmals die Analyse von Verbindungen mit sehr hohen Molekulargewichten, bis hinauf zu 1 Millionen Dalton. Damit war nun die Mehrheit der chemischen Verbindungen durch massenspektrometrische Verfahren zugänglich.
Speziell für die biochemische Forschung führte das Unternehmen mit Vision 2000 im Jahr 1991 ein Time-of-Flight (TOF)- System in den Markt ein. Eine andere aufstrebende Technologie insbesondere für die Spurenanalytik von Elementen war die ICP-MS. Mit dem 1993 vorgestellten hochauflösenden Massenspektrometer Element bediente das Unternehmen fortan auch diesen Markt.
1995 prägte der Australier Marc Wilkins den Begriff Proteom als das „gesamte Proteinäquivalent eines Genom“. Auf Seiten der Stoffwechselprodukte fand der entstehende Forschungszweig „Proteomics“ bald seine Entsprechung in den „Metabolomics“. Beide Ansätze liefern viel mehr Information als die „Genomics“ allein, denen alles entsprang. Bis heute ist der Trend, verschiedenste bioanalytische oder medizinische Fragestellungen in diesem Sinne „ganzheitlich“ zu betrachten, ungebrochen. Anwendungen reichen von der medizinischen und naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung über die Diagnostik, bis hin zu Anwendungen in der Dopinganalytik oder der Lebensmittelkontrolle. Die Möglichkeit, sowohl qualitativ als auch quantitativ zu untersuchen sowie ihre hohe Auflösung, Massengenauigkeit, Selektivität und Sensitivität prädestinierten die Massenspektrometrie für diese neuen Anwendungsfelder. Am Bremer Standort von Thermo Electron machte man im Jahr 2003 mit der Einführung des LTQ-FT Fourier-Transform-Massenspektrometers den ersten Schritt in Richtung Life-Science-Massenspektrometrie.
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