Immunsystem Ernährung hat direkten Einfluss auf Immunsystem
Bonner Forscher haben einen elementaren Mechanismus entdeckt, der im gesunden Menschen lebenswichtige Immunfunktionen reguliert: In Hungersituationen, die für die Körperzellen Stress bedeuten, schüttet der Körper demnach vermehrt antimikrobielle Peptide aus, um sich zu schützen. Im Umkehrschluss könnte eine übermäßige Kalorienaufnahme die Lebensdauer verkürzen.
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Bonn – T-Zellen, B-Zellen, Antikörper – das ist die bekannte schnelle Eingreiftruppe unseres Immunsystems. Mit schweren molekularen Geschützen merzen sie Viren und Bakterien effektiv aus. Dabei richten die Abwehrsysteme aber auch Kollateralschäden am eigenen Gewebe an, die erst einmal repariert werden müssen.
Damit das Immunsystem nun nicht ständig in höchster Alarmbereitschaft steht und so möglicherweise chronische Entzündungen verursacht, ist an der Grenze zwischen Körper und Außenwelt ein anderes Abwehrsystem vorgeschaltet, das völlig unabhängig von den klassischen Immunabwehrsystemen wirkt. Die Bonner Biomediziner vom LIMES-Institut der Universität Bonn haben an Fruchtfliegen, aber auch an menschlichem Gewebe zeigen können, dass dieses natürliche Immunabwehrsystem über den Insulinsignalweg direkt an den Stoffwechsel-Status gekoppelt ist.
Demnach wird bei einem niedrigen Insulinlevel der Foxo-Transkriptionsfaktor aktiviert wird. Ein Transkriptionsfaktor kann Gene an- und abschalten. Foxo schaltet bei Energiebedarf Gene für Abwehrproteine an. Diese antimikrobiellen Peptide (AMP) – nicht zu verwechseln mit Antikörpern – werden daraufhin aus den Körperzellen ausgeschleust. Sie zerstören mögliche Krankmacher, indem sie deren Zellwände auflösen.
„Faszinierend dabei ist, dass eine Funktion des Immunsystems direkt abhängig davon ist, wie viel und was wir essen“, erklärt Studienleiter Prof. Michael Hoch vom LIMES-Institut. In Hungersituationen, die für die Körperzellen Stress bedeuten, schütte der Körper vorsichtshalber vermehrt antimikrobielle Peptide aus, um sich zu schützen.
Zusammenhang zwischen Kalorienaufnahme und Lebensdauer
Die Untersuchungen der Bonner Biologen könnten auch klinische Relevanz haben. Denn eine Reihe von Volkskrankheiten wie Diabetes Typ II oder Fettleibigkeit (Adipositas) resultieren aus einer erhöhten Kalorienaufnahme. Außerdem gehen derartige Krankheiten häufig mit vermehrten Entzündungen der Barriere-Gewebe, einem gestörten Immunsystem und einer insgesamt verkürzten Lebensspanne einher. „Unsere Ergebnisse liefern neue Ansatzpunkte zum Verständnis dieser Erkrankungen“, sagt Professor Dr. Joachim Schultze vom LIMES-Institut, der auch an der Studie beteiligt war.
Der Blick der LIMES-Forscher richtet sich nun auf den Zusammenhang zwischen Kalorienaufnahme und Lebensdauer. Untersuchungen an Fadenwurm, Fruchtfliege und Maus haben gezeigt, dass eine reduzierte Kalorienaufnahme die Lebensspanne verlängern kann. Professor Hoch: „Wir wollen nun herausfinden, ob dies auf eine Foxo-abhängige Verbesserung der Barriere-Funktionen des natürlichen Immunsystems zurückzuführen ist.“
Originalveröffentlichung: Nature, doi 10.1038/nature08698
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