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Modell erklärt pyroelektrische Prozesse Hitzeblitze für die Wasserspaltung

Von Luisa Rischer*

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Kann man aus Wärme Strom erzeugen? Auf so genannten pyroelektrischen Kristalloberflächen ist dies möglich. Solche speziellen Kristalle finden etwa in Bewegungsmeldern Einsatz, können aber auch für chemische Reaktionen genutzt werden, z.B. für die Wasserspaltung. Nun haben Forscher aus Freiberg ein Modell entwickelt, mit dem sich Pyroelektrizität beschreiben und vorhersagen lässt.

Aufnahme eines Lithiumtantalat-Kristalls mit Überschlägen
Aufnahme eines Lithiumtantalat-Kristalls mit Überschlägen
(Bild: TU Bergakademie Freiberg / Sven Jachalke)

Freiberg – Ein Föhn leitet warme Luft auf einen unscheinbar aussehenden kleinen Kristall. Kaum fünf Sekunden dauert es, da sind auf der Oberfläche des Kristalls mit bloßem Auge kleine Blitze zu erkennen (s. Abbildung). Was sich nach Magie anhört, lässt sich mit dem in der Physik hinreichend bekannten Prozess der Pyroelektrizität beschreiben: „Kristalle der Materialklasse Pyroelektrika erzeugen eine elektrische Spannung, wenn sich ihre Temperatur ändert“, erklärt Dr. Mateo de Vivanco vom Institut für Experimentelle Physik (IEP) der TU Bergakademie Freiberg.

Der Grund für das Phänomen liegt in den kleinsten positiv und negativ geladenen Teilchen des Kristalls, die bei einer Temperaturänderung zusammen- oder auseinanderdriften. Die Summe dieser Bewegungen entlädt sich als elektrischer Strom an der Oberfläche des Kristalls.

Elektrische Spannung für chemische Reaktionen nutzen

Die entstehende Spannung könnte in einem möglichen Anwendungsszenario für chemische Reaktionen genutzt werden. „Besonders interessant ist hierbei die Spaltung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff, der als Energieträger und in der chemischen Industrie ein gefragtes Gas ist“, sagt de Vivanco. Doch obwohl diese Reaktion schon vor einigen Jahren experimentell nachgewiesen wurde, konnten die physikalischen Hintergründe in der internationalen Forschung bisher nur unzureichend beschrieben werden. Hier setzte das Physikerteam an und studierte in einem ersten Schritt vorhandene Modelle, die diese und ähnliche Reaktionen erklären.

„Als Chemiker in einer physikalischen Arbeitsgruppe wollte ich die Ausbeute der Wasserspaltung errechnen. Da dies mit bestehenden Modellen nicht möglich war, überlegten mein Team und ich, welche Faktoren die pyroelektrische Ausbeute einschränken“, erklärt der Erstautor der Studie. „Im Vergleich zur direkten Elektrizitätsnutzung hat man bei der Wasserstofferzeugung nämlich Überspannungen unterschiedlicher Natur zu bewältigen, die die Wasserspaltung behindern können“, ergänzt de Vivanco.

Modell hilft bei der Vorhersage der Wasserstoffausbeute

In mehrjähriger Forschungsarbeit gelang es dem Team, das nun vorgelegte chemisch-physikalische Modell zu entwickeln, mit dem die Prozesse an pyroelektrischen Oberflächen in chemisch labilen Medien, wie zum Beispiel Wasser, erklärt und vorhergesagt werden können.

Dank des Modells ergeben sich neue Möglichkeiten zum Verständnis komplexer elektrochemischer Prozesse an Feststoffoberflächen. So kann damit beispielsweise erstmals die produzierte Menge an Wasserstoff erklärt und vorhergesagt werden. Wird der pyroelektrische Prozess – nicht nur mithilfe des neuen Modells – künftig weiterentwickelt, ergibt sich neues Verwendungspotenzial für Forschung und Industrie.

Originalpublikation: Mateo U. de Vivanco, Matthias Zschornak, Hartmut Stöcker, Sven Jachalke, Erik Mehner, Tilmann Leisegang & Dirk C. Meyer: Pyroelectrically-driven chemical reactions described by a novel thermodynamic cycle, Physical Chemistry Chemical Physics. Issue 32, 2020; DOI: 10.1039/D0CP01288B

* L. Rischer, TU Bergakademie Freiberg, 09599 Freiberg

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