Sauerstoff im Meer Neue Erkenntnis: Sauerstoff bis zum Meeresboden nachgewiesen
Bisherige wissenschaftliche Theorien gingen davon aus, dass nur eine dünne obere Schicht der Meere Sauerstoff enthalten. Ein internationales Forscherteam hat nun durch Bohrungen im Südpazifik Sauerstoff bis auf Meeresboden hinab nachgewiesen. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Meeresorganismen auch geochemische Prozesse können hiervon beeinflusst werden.
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Potsdam – Etwa ein Viertel des gesamten Meeresbodens auf der Erde ist extrem nährstoffarm. Zugleich enthält, entgegen bisherigen Vermutungen, die obere Schicht dieses Meeresbodens über seine gesamte Dicke bis hinunter in das Grundgestein Sauerstoff. Diese neuen Ergebnisse gewann eine internationale Forschergruppe bei der Untersuchung von Bohrkernen aus dem Gebiet des Südpazifischen Wirbels.
In einem aktuellen Artikel wiesen die Wissenschaftler zudem auf mögliche Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Erdinneren hin, denn sauerstoffhaltiger Meeresboden enthält andere Mineralien als sauerstofffreier. Bisherige Annahmen gingen davon aus, dass der Meeresboden bis auf eine dünne Schicht an der Oberfläche sauerstofffrei ist, weil Mikroben in den Sedimentlagen den vorhandenen Sauerstoff verbrauchen.
Das von den Kontinenten ins Meer geschwemmte Sediment ist reich an organischem Material, das diesen Mikroben Nährstoff bietet. Deren Stoffwechsel verbraucht den Sauerstoff im Laufe der Zeit. Unterhalb der dünnen, sauerstoffhaltigen Deckschicht, so die bisherige Annahme, können nur noch solche Mikroben überleben, die an sauerstofffreie Bedingungen angepasst sind.
Bohrungen im Südpazifischen Wirbel
Dem Wissenschaftlerteam, an dem auch das Deutsche Geo-Forschungs-Zentrum GFZ beteiligt war, gelang es nun bei einer Expedition mit dem Bohrschiff „Joides Resolution“, Bohrkerne aus dem Südpazifischen Wirbel zu gewinnen, einem Gebiet zwischen Australien, Südamerika und der Antarktis. Nirgendwo sonst auf der Erde ist man weiter vom Land und seinen Einträgen von Nährstoffen entfernt, entsprechend nährstoffarm ist das Gebiet. Aufgrund der geringen Nährstoffkonzentration finden auch die Mikroben im Meeresboden nur wenig Nahrung.
Folglich gibt es hier auch nur wenig Mikroben im Sediment: „Wir haben hier eine Populationsdichte an mikrobiellem Leben, die zehn- bis hundertmillionenfach geringer ist als im übrigen Ozean,“ erklärt GFZ-Forscher Jens Kallmeyer, einer der Autoren der Studie. „Die wenigen überlebenden Mikroben finden so wenig Nährstoffe, dass sie den Sauerstoff nicht verbrauchen können, daher ist der Meeresboden nicht nur in der obersten Schicht, sondern über seine gesamte Dicke komplett sauerstoffhaltig und beherbergt auch nur solche Mikroben, die Sauerstoff zum Leben benötigen.“ Und nicht nur das abgelagerte Sediment enthält Sauerstoff, auch im darunter liegenden Basalt konnte er nachgewiesen werden.
Satellitenaufnahmen belegen: Ein Viertel des Meeresgebiets hat ähnliche Nährstoffkonzentrationen wie der Südpazifische Wirbel
Es stellte sich die Frage, ob das nur für das Gebiet des Südpazifischen Wirbels gilt. Zur Untersuchung dieser Frage wurden die Daten aus den Bohrkernanalysen mit Satellitendaten kombiniert. Es ergab sich, dass in fast einem Viertel der weltweiten Meeresgebiete die Nährstoffkonzentrationen ähnlich niedrig sind wie im Südpazifischen Wirbel. Daraus lässt sich folgern, dass auch dort Sauerstoff im Meeresboden zu finden sein muss. Das kann sogar Auswirkungen auf die Plattentektonik haben: Jens Kallmeyer: „Wenn eine Erdplatte mit solchem Material in die Erde abtaucht und wieder aufgeschmolzen wird, dann wird über diesen Prozess Sauerstoff dem Erdinneren zugeführt.“ Welche Folgen dieser Prozess für die geochemischen Prozesse im oberen Erdmantel hat, soll in zukünftigen Studien erforscht werden.
Originalpublikation: Steven D’Hondt et al., 2015. "Presence of Oxygen an Aerobic Communities from Seafloor to Basement in Deep-Sea Sediments“, Nature Geoscience, DOI: 10.1038/NGEO2387
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