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Auf Darwins Pfaden Neues zur Evolutionsgeschichte von Pavianen

Redakteur: Christian Lüttmann

Die Entstehung der Arten ist spätestens seit Charles Darwin ein verbreitetes Forschungsfeld in der Biologie. Dank genetischer Analysen lässt sich Evolutionsgeschichte heute aus dem Erbgut der Spezies ablesen. Ein internationales Forscherteam mit Beteiligung des Deutschen Primatenzentrums in Göttingen hat erstmals eine detaillierte Stammbaumanalyse afrikanischer Paviane gemacht. Die Ergebnisse sollen auch helfen, die Evolution des Menschen besser zu verstehen.

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Anubispaviane (Papio anubis) bei der Fellpflege im Lake Manyara National Park, Tansania
Anubispaviane (Papio anubis) bei der Fellpflege im Lake Manyara National Park, Tansania
(Bild: Filipa Paciênca/Deutsches Primatenzentrum)

Göttingen – Pavian ist nicht gleich Pavian: Es gibt sechs verschiedene Arten, die in Afrika südlich der Sahara weit verbreitet sind. Sie sind hinsichtlich ihres Aussehens, Verhaltens und ihrer Lebensweise gut untersucht. Bislang war jedoch wenig über ihre genetische Anpassung und ihre Evolutionsgeschichte bekannt.

Diesem Thema haben sich nun Wissenschaftler des Deutschen Primatenzentrums (DPZ) – Leibniz-Institut für Primatenforschung gewidmet. Unter der Leitung des Human Genome Sequencing Center am Baylor College of Medicine/USA entschlüsselten die Forscher das Genom der sechs Arten. Sie haben die Erbinformation verglichen und verschiedene Stammbaummodelle genutzt und kamen zu folgendem Schluss: Neben der Artbildung durch Aufspaltung von Linien hat es auch Artbildung durch Hybridisierung und damit einhergehenden Genaustausch gegeben.

Geisterlinie im Pavianstammbaum

Ein Beispiel für die Hybridisierung in der Evolutionsgeschichte der Primaten sind die Kindapaviane. „Diese im südlichen Afrika beheimatete Pavianart ist sehr wahrscheinlich durch Verschmelzung von zwei ursprünglichen Pavianlinien entstanden“, sagt Christian Roos, Wissenschaftler in der Abteilung Primatengenetik am Deutschen Primatenzentrum und einer der Autoren der Studie. „Darüber hinaus konnten wir auch genetische Merkmale identifizieren, die keiner der heute lebenden Pavianarten mehr zugeordnet werden können und auf Genfluss von einer ausgestorbenen Pavianlinie, einer so genannten ‚ghost line‘, hinweisen.“

In der Bildergalerie unten finden Sie den Stammbaum der Paviane und eine Afrikakarte mit der Verbreitung der sechs Arten.

Rückschlüsse auf Evolution des Menschen

Hybridisierung zwischen verschiedenen Pavianarten ist auch heute noch in Gebieten zu beobachten, wo die Verbreitungsgebiete von Arten aneinandergrenzen. Da sich die Paviane genau wie der Mensch vor rund zwei Millionen Jahren in den gleichen Lebensräumen südlich der Sahara entwickelten, sind sie ein ausgezeichnetes Modell, um die evolutionäre Entwicklung der Gattung Homo nachzuvollziehen, von der der moderne Mensch als einzige Art überlebt hat.

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„Unsere Kollegen vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und in anderen Laboren haben bereits gezeigt, dass der moderne Mensch mit anderen Arten wie Neandertaler oder Denisova-Mensch hybridisierte“, fasst Dietmar Zinner zusammen, Wissenschaftler in der Abteilung Kognitive Ethologie am DPZ und ebenfalls einer der Autoren. „Im Gegensatz zum Menschen, deren Schwesterarten ausgestorben sind, ist die Kreuzung und der genetische Austausch unter den Pavianarten auch heute noch direkt zu beobachten. Studien zur Hybridisierung bei Pavianen ermöglichen uns ein besseres Verständnis der Evolution unserer eigenen Art.“

Paviane stellen aber nicht nur ein Modell für Hybridisierungsstudien dar. Sie dienen den Forschern zufolge auch als ausgezeichnetes Vergleichsmodell, um Einflüsse von historischen Klima- und Umweltveränderungen auf die Evolution von Savannenprimaten zu untersuchen – und dazu gehören auch die Vorfahren des Menschen.

Originalpublikation: Rogers J. et al.: The comparative genomics and complex population history of Papio baboons. Science Advances, 30 Jan 2019: Vol. 5, no. 1; DOI: 10.1126/sciadv.aau6947

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