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Epigenetik sorgt für Ordnung in der Zygote Platzanweiser nach der Befruchtung

Redakteur: Christian Lüttmann |

Bei der Entstehung von Leben kommen die Gene von Mutter und Vater zusammen. DNA- und Eiweißmoleküle regulieren die frühen Phasen der Embryonalentwicklung. Wie die Gene sich in diesem Stadium räumlich anordnen, haben nun Forscher des Helmholtz Zentrums München und der Ludwig-Maximilians-Universität München in Kollaboration mit dem Hubrecht Institut in Utrecht gezeigt.

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Einzelne embyonale Zellen werden durch ihre Zellmembranen (grün) dargestellt. Der kleine innere Kreis zeigt die Kernlamelle, in dem sich das Genom befestigt.
Einzelne embyonale Zellen werden durch ihre Zellmembranen (grün) dargestellt. Der kleine innere Kreis zeigt die Kernlamelle, in dem sich das Genom befestigt.
(Bild: Helmholtz Zentrum München)

München – Das Wunder des Leben beginnt bei allen Säugetieren gleich, mit der Befruchtung: Ein Spermium dringt in die Eizelle ein, die beiden Zellen verschmelzen und bilden eine gemeinsame Zelle mit doppeltem Chromosomensatz. Nun beginnt die befruchtete Eizelle, auch Zygote oder Ein-Zell-Embryo genannt, sich zu teilen, wobei sich das Erbgut neu anordnet. Details zu diesem Neuordnungsschritt waren bisher nicht bekannt. Das hat sich nun geändert. Denn Forscher des Helmholtz Zentrums München haben nun neue Einblicke in dieses frühe Stadium der Zellteilung erlangt.

„In Zusammenarbeit mit Jop Kind vom Hubrecht Institute Utrecht haben wir erstmals die Technik DamID bei Säugetierembryos eingesetzt“, berichtet Prof. Dr. Maria Elena Torres-Padilla, Direktorin des Instituts für Epigenetik und Stammzellen (IES) am Helmholtz Zentrum München und Professorin für Stammzellbiologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). DamID steht für DNA-Adenin-Methyltransferase-Identifizierung. Dabei handelt es sich um ein molekularbiologisches Protokoll, mit dem man herausfinden kann, an welchen Stellen im Erbgut bestimmte Proteine binden. Mithilfe dieser Technik erzeugten die Forscher Wechselwirkungen der DNA mit einem Geflecht an der Innenseite des Zellkerns, den Kernlamellen, auch Lamina genannt. Dieser molekulare Fingerabdruck ermöglicht es ihnen, festzustellen, wie sich das Genom im dreidimensionalen Raum der Zelle anordnet.

Anordnung der Gene ist nicht vererbt

Torres-Padilla war von den Ergebnissen ihrer Studie überrascht: „Wir fanden heraus, dass die räumliche Organisation des Genoms nicht vererbt wird, sondern erstmals im Embryo entsteht.“ Zu Beginn der Embryonalentwicklung, sprich nach der Verschmelzung der zwei Keimzellen, bildeten sich charakteristische, dreidimensionale Komplexe des mütterlichen bzw. väterlichen Genoms mit speziellen Eiweißen, den LADs. Diese Lamina-associated domains sind spezielle Komplexe aus DNA-Molekülen und Proteinen im Zellkern. Die LADs waren im Ei (nach dem Acht-Zell-Stadium) nicht mehr nachweisbar. Daraus schlossen die Forscher, dass die räumliche Organisation des Erbguts nur in einem kurzen, frühen Zeitfenster während der Entwicklung stattfindet.

Epigenetik beeinflusst die Ordnung in den Keimzellen

Außerdem fanden die Wissenschaftler heraus, dass dieser Vorgang über epigenetische Mechanismen gesteuert wird, also dem An- oder Abschalten von Genen im Erbgut. Die Anwesenheit eines speziellen Gens (Kdm5b) verhinderte beispielsweise, dass Komplexe zwischen dem väterlichen Erbgut und den Kernlamellen entstanden. „Mit dieser neuen Methode haben wir künftig Möglichkeiten, Zellen im frühen Embryo von Säugetieren vollständiger zu erforschen“, sagt Torres-Padilla. Sie hofft, dass Studien dieser Art zu einem tieferen Verständnis epigenetischer Vorgänge führen. Diese seien auch bei Menschen von großer Bedeutung. Zahlreiche Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes, die Alzheimer-Krankheit oder Krebserkrankungen lassen sich nämlich nicht allein mit genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen erklären. Hier könnte der Epigenetik eine wichtige Rolle zukommen.

Originalpublikation: Borsos M, Perricone SM et al.: Genome-lamina interactions are established de novo in the early mouse embryo. Nature (2019); DOI: 10.1038/s41586-019-1233-0

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