Fehlaromen in veganen Erbsenproteingetränken Protein Shake aus Erbsen: Gesund – aber auch lecker?
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US-amerikanische Wissenschaftler sind der Frage nachgegangen, wie und warum sich das Aromaprofil von veganen Erbsenproteingetränken im Verlauf von Hochtemperaturbehandlungen zur Steigerung der Haltbarkeit ungünstig verändert. Um die Fehlaromen zu bestimmen, bedienten sie sich der GC/MS mit olfaktorischer Detektion.

„Der Fleischkonsum in Deutschland geht weiter zurück.“ Mit diesen einleitenden Worten ging am 24. Mai 2020 eine Nachricht durch den Äther, die sich auf eine Forsa-Umfrage im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft stützte [1]. Darin hieß es, nur noch jeder Vierte esse täglich Fleisch oder Wurst. Fünf Jahre zuvor sei es noch jeder Dritte gewesen. Offenbar würden vegetarische oder vegane Produkte in der Bevölkerung immer beliebter. Vor allem Jüngere griffen zu pflanzlichen Alternativen, teils aus Neugier, teils aus Gründen des Tierwohls. Anderen wiederum macht die Auswirkung der Viehwirtschaft auf Umwelt und Klima zu schaffen.
Was auch immer motivieren mag, den Fleischkonsum zurückzuschrauben oder bei der Ernährung gänzlich auf tierische Erzeugnisse zu verzichten: Fleisch, Fisch, Eier, Milch und Co. enthalten für uns Menschen relevante Nährstoffe, allen voran Proteine – hochmolekulare, in ihrer Struktur sehr komplexe Naturstoffe, die als Grundbausteine Aminosäuren enthalten. Sie sind überlebenswichtig für den menschlichen Organismus, können von ihm selbst aber nur zum Teil synthetisiert werden. Sie müssen also mit der Nahrung zugeführt werden.
100 % vegan – wertvolle pflanzliche Proteinquellen
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) schlägt Richtwerte für die täglich empfohlene Eiweißzufuhr für Erwachsene vor (s. LP-Info-Kasten). Um den empfohlenen Bedarf zu decken, sind allerdings keine tierischen Erzeugnisse vonnöten, obgleich die DGE zu einer Mischkost rät, bestehend größtenteils aus pflanzlichen Lebensmitteln und nur zu einem kleinen Anteil aus tierischen Erzeugnissen, um Mangelerscheinungen vorzubeugen: Unseren Proteinbedarf könnten wir dem Grunde nach auch ganz aus pflanzlichen Quellen decken.
Getreide, Pilze und Soja sind bekannte Proteinlieferanten. Auch Raps hat sich jüngst erst als pflanzliche Eiweißquelle herausgestellt [2]. Von Hülsenfrüchten weiß man um diesen Sachverhalt schon länger. Erbsen etwa liefern hochwertige Proteine, die frei sind von Purin (beeinflusst den Harnsäurespiegel im Blut und die Entstehung von Gicht) und Cholesterin, das mit Arteriosklerose in Verbindung gebracht wird. Kommerziell erhältlich ist Erbsenprotein [3] als Konzentrat oder Isolat in Pulverform oder als Mehl. Gewonnen wird es mittels chemischer und thermischer Behandlung.
Und es taugt nicht nur für die vegane Küche, etwa zur Herstellung von Milchersatzgetränken, Desserts oder fleischlosen Bratlingen. Kraftsportler, die ihren Protein- und Energiebedarf nicht durch den Verzehr kiloweise Fleischs sichern wollen, nutzen Shakes aus Erbsenprotein als Fitnessdrinks. Allerdings, mag die Zubereitung auch gesund sein, ihren Zweck erfüllen und mit Zusatzstoffen in unterschiedlichen Geschmacksrichtung verfügbar sein, aber sind Getränke aus Erbsenproteinisolat auch lecker?
Protein Shake – Gesund ja, schmeckt aber seltsam
Proteine kommen natürlicherweise nur in komplexen Mischungen vor, und in Erbsen enthalten sind zusätzlich Begleitstoffe wie Kohlenhydrate, Lipide, Mineral- und Farbstoffe. Ihre chemische Zusammensetzung mache die Erbse und das daraus gewonnene Protein anfällig für Fehlgerüche, die im Zuge der Verarbeitung und Lagerung entstehen können, schreiben Mariana Trikusuma, Laurianne Paravisini und Devin G. Peterson [4].
Ursächlich sei der oxidative Abbau von Lipiden durch das in Hülsenfrüchten enthaltene Enzym Lipoxygenase. Der Oxidationsprozess führe zur Bildung grasiger und für westliche Geschmäcker unliebsamer bohnenartiger Aromanoten, die typischerweise mit Fehlaromen in Verbindung gebracht würden, schreiben die Forscher vom Department of Food Science and Technology der Ohio State University/USA.
Literaturquellen, auf die sich die Forschenden in ihrer Arbeit stützen, nennen Aldehyde wie 2- Alkenal, 2,4- und 2,6-Alkadienal, 3,5-Octadien-2-on, 3-Alkyl-2-methoxypyrazin und 1-Hexanol – allesamt flüchtige, geruchsintensive Verbindungen, die im flüchtigen Extrakt von im Vakuum thermisch behandelter grüner Erbsen gefunden wurden.
Verarbeitungsprozess unter Verdacht
Isolate liefern mit 80 Prozent den höchsten Proteingehalt. Deren hoher Nährwert erklärt das immense Interesse der Nahrungsmittelindustrie an pflanzlichen Proteinkonzentraten. Sie werden in mehreren physischen und chemischen Arbeitsschritten aus der Matrix gewonnen, die allerdings dergestalt sind, dass sie Degenerationsprozesse anstoßen können, in deren Verlauf der Anteil der oben genannten erbseneigenen (endogenen) geruchsaktiven Verbindungen signifikant abnehme. Dafür nehme der Anteil der dem zugrundeliegenden Prozess entstammenden geruchsaktiven Reaktionsprodukte wie Methional, (E)-2-Oktenal, (E,E)-3,5-Oktadien-2- on und 4-Ethylenbenzaldehyd zu, schreiben Trikusuma, Paravisini und Peterson.
Wie aber wirkt sich dieser sensorisch relevante Sachverhalt auf das Aromaprofil von Erbsenproteinisolat aus? Diese Frage stellten sich die Forscher nicht zuletzt deshalb, weil eine Mischung von erdig-pilzig-riechendem 1-Okten-3-on und grün-fettig-riechendem Hexanal im Verhältnis 1 zu 100 die intensiv bohnenartige Note hervorruft, die bei Verbrauchern in der westlichen Welt auf wenig Akzeptanz stößt. Folglich gelte es, anders als es üblich sei, einen Blick nicht auf die einzelnen Aromastoffe zu werfen, sondern auf die komplexe Mischung.
In Ermangelung hinreichender Erkenntnisse über Reaktionen, die zu einer Beeinflussung des Aromas von Erbsenprotein in der Nahrungsmittelanwendung führen, hatten es sich Trikusuma, Paravisini und Peterson zum Ziel gesetzt, „die Änderungen im Aromaprofil eines Erbsenproteingetränks zu charakterisieren, die durch das zu Sterilisationszwecken durchgeführte Ultrahocherhitzen sowie im Zuge der Lagerung haltbar gemachter Produkte entstehen“.
Blick auf die Probenvorbereitung
Um den Einfluss der Ultrahochtemperaturbehandlung (UHT) auf die Bildung von Fehlaromen zu bestimmen, stellten die US-Forscher Erbsenproteingetränke im Labor her. Dazu verwendeten sie kommerziell erworbenes Erbsenproteinisolat mit einem Massenanteil (w/w) von 80% Protein, 8% Fett und 2% Zucker, das mit einem Stabilisator in nanofiltriertem Wasser angemischt wurde. Das milchähnliche Getränk wurde in einer zuvor sterilisierten Apparatur unter Druck homogenisiert und auf 140 °C ultrahocherhitzt. Nach Abkühlung auf 10 °C wurde es in Flaschen abgefüllt:
Ein Teil wurde unmittelbar bei -80 °C tiefgefroren, ein anderer für sieben Wochen bei 5 °C gelagert, um den üblichen Alterungsprozess zu simulieren. Die Alterungsproben wurden daraufhin ebenfalls bis zur Analyse bei –80 °C eingefroren. Um die Wirksamkeit des Sterilisationsprozesses zu überprüfen, wurde die mikrobielle Belastung der sterilisierten Erbsenproteingetränke verglichen mit jener von Getränken, die nicht temperaturbehandelt worden war. Vorweg: Die Anzüchtung potenzieller Verderbniskeime verlief nach Angaben der Forscher negativ.
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