Kohlendioxid binden Steine häckseln gegen die Erderwärmung
Sand in den Wald werfen, um das Klima zu retten – so ähnlich mutet ein Plan an, den Geographen der Universität Augsburg näher untersucht haben. Sie haben modelliert, wie sich mit gemahlenem Basalt-Gestein zusätzliches CO2 aus der Atmosphäre binden ließe, wenn man das Gesteinsmehl als eine Art Dünger in Ökosystemen hineingibt.
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Augsburg – Mit Voranschreiten des Klimawandels und der zunehmend spürbaren Folgen werden die Maßnahmen gegen eine weitere Erderwärmung immer ungewöhnlicher. Schließlich wird es längst nicht mehr reichen, nur weniger Kohlendioxid zu emittieren – es müssen auch Technologien zum Einsatz kommen, um bereits vorhandenes CO2 aus der Atmosphäre zu binden.
Dabei sind eine Reihe verschiedener negativer Emissionstechnologien (NETs) im Gespräch, von denen die vielversprechendsten auf der Bewirtschaftung von Ökosystemen für eine erhöhte Kohlenstoffbindung abzielen, um damit die Kohlenstoffsenke an Land zu stärken. Das Aufforsten von Wäldern und die Produktion von Bioenergie, gekoppelt mit dem Abscheiden und Speichern von Kohlendioxid, stehen im Fokus der Forschung, aber die Palette der Lösungen ist breiter.
So binden „Steine“ Kohlendioxid
Nun hat ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Dr. Daniel Goll vom Institut für Geographie der Universität Augsburg untersucht, wie sich Gesteinsmehl für den Kampf gegen den Klimawandel eignet. Fein gemahlenes Gestein wurde bisher bereits zur Bodenverbesserung genutzt (allerdings nicht für die Entfernung von Kohlendioxid) und kann in bestehende natürliche sowie genutzte Landflächen eingebracht werden. Dadurch konkurriert diese negative Emissionstechnologie nicht mit anderen Landnutzungsformen und kann ohne hohen technischen Aufwand eingesetzt werden. Sie eignet sich daher für einen raschen und weitläufigen Ausbau.
Das Prinzip dieser Methode besteht darin, die natürliche Reaktion von Kohlendioxid mit verwitternden Mineralien zu verstärken. Silikatminerale werden zu Pulver gemahlen und auf der Landoberfläche verteilt, wo sie mit Kohlendioxid reagieren und es aus der Atmosphäre entfernen – eine abiotische Kohlendioxid-Entfernung. Gespeichert wird der Kohlenstoff dann in den Bodenschichten in Form von Bikarbonat-Ionen, die durch Erosion über Flüsse abtransportiert und schließlich in den Ozeanen „eingelagert“ werden. So gelangt der Kohlenstoff nicht wieder in die Atmosphäre zurück.
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Basalt überzeugt mit einer Dünge-Funktion
Unter den potenziellen Gesteins-Kandidaten sticht Basalt hervor, da es nicht nur eine reichlich vorhandene Ressource ist, die schnell verwittert, sondern auch Pflanzennährstoffe enthält. Damit wirkt es einer geringen Bodenfruchtbarkeit entgegen, die oftmals einer effizienten Kohlenstofffixierung durch Pflanzen im Weg steht.
Durch das Besprühen von nährstoffarmen Ökosystemen mit Basaltpulver, das bei der Verwitterung kontinuierlich Nährstoffe (insbesondere Phosphor) freisetzt, könnten die Nährstoffbeschränkungen theoretisch aufgehoben werden, sodass mehr Kohlenstoff in pflanzlicher Biomasse und in den Böden gespeichert werden kann. Diese bisher nicht berücksichtige zusätzliche CO2-Speicherung durch den Dünge-Effekt haben nun Goll und sein Team untersucht. Während sich frühere Studien v. a. auf fruchtbare landwirtschaftliche Flächen konzentrierten, wo die bestehende Infrastruktur für das Ausbringen von Gesteinsmehl genutzt werden kann, konzentrierte sich das Forscherteam auf natürliche Ökosysteme mit verarmten Böden.
Große Mengen CO2 könnten gebunden werden
Dazu nutzten die Wissenschaftler ein umfassendes numerisches Modell der Biosphäre, um die Kohlendioxid-Entfernung von Gesteinsmehl zu simulieren und dabei sowohl den abiotischen als auch den biotischen Weg zu berücksichtigen. Sie fanden eine erhebliche Kohlendioxid-Entfernung von bis zu 2,5 Gigatonnen Kohlendioxid pro Jahr, wovon etwa 50 % auf die Reaktion der Biosphäre auf Gesteinsmehl zurückzuführen sind. (Zum Vergleich: 2019 wurden weltweit rund 36 Gigatonnen CO2 emittiert.) Die größten Kohlendioxid-Entfernungsraten wurden in Regionen gefunden, die bisher als ungeeignet für Gesteinsmehl angesehen wurden. Diese Ergebnisse machen das globale Kohlendioxid-Entfernungspotenzial von Basalt wesentlich größer als bisher angenommen.
Das Team nutzte außerdem Informationen über die Kosten für die Produktion, den Transport und das Ausbringen von Gesteinsmehl. Unter der Annahme, dass Flugzeuge für das Versprühen von Gesteinsmehl genutzt werden, ergaben sich moderate Kosten für das Entfernen von CO2 von ca. 150 US-Dollar pro Tonne entfernten Kohlendioxids. Um eine ausreichend hohe Netto-Kohlendioxid-Entfernung zu erreichen, bräuchte es mehr Basaltabbau, umweltfreundliche Systeme zum Verteilen in entlegenen Gebieten (wie Drohnen oder Luftschiffe) sowie Energie aus kohlenstoffarmen Quellen für das Zerkleinern des Basaltgesteins.
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„Basierend auf diesen neuen Ergebnissen sollte die Basalt-Bodenverbesserung als eine vielversprechende Option für Landmanagement zur Abschwächung des Klimawandels in Betracht gezogen werden“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Buermann vom Institut für Geographie der Universität Augsburg. Allerdings müsse man auch mögliche, noch unbekannte Nebenwirkungen genau untersuchen. Dazu ergänzt Studienleiter Goll: „Pilotstudien sollten sich auf degradierte Systeme und Aufforstungsprojekte konzentrieren, um mögliche negative Nebeneffekte zu testen. Wenn Gesteinsmehl den Kohlendioxidabbau in bestehenden bewirtschafteten Systemen verbessern kann, wird es helfen, den Druck auf natürliche Ökosysteme anderswo zu verringern.“
Originalpublikation: Daniel Goll, Philippe Ciais, Thorben Amann, Wolfgang Buermann, Jinfeng Chang, Sibel Eker, Jens Hartmann, Ivan Janssens, Wei Li, Michael Obersteiner, Josep Penuelas, Katsumasa Tanaka, Sara Vicca: Potential CO2 removal from enhanced weathering by ecosystem responses to powdered rock, Nature Geoscience, DOI:10.1038/s41561-021-00798-x
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