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Waschmaschinenkeime Stinker-Bakterien im 30-Grad-Waschgang

Redakteur: Christian Lüttmann

Frisch gewaschen, aber trotzdem müffelt es? Schuld sind Mikroben, die sich von Schonwaschgängen bei 30 Grad nicht klein kriegen lassen. Diesen Waschmaschinenkeimen ist ein Forscherteam der Hochschule Furtwangen auf der Spur. Sie entschlüsseln die versteckten Botschaften der Mikroben und wollen langfristig deren Gestank abschalten.

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In der Waschmashine finden Mikroorganismen ein zu Hause, die sich von schonenden 30-Grad-Waschgängen nicht vertreiben lassen.
In der Waschmashine finden Mikroorganismen ein zu Hause, die sich von schonenden 30-Grad-Waschgängen nicht vertreiben lassen.
(Bild: gemeinfrei, Engin Akyurt / Unsplash)

Furtwangen – Jeder Deutsche wäscht mehr als fünf Kilogramm Wäsche pro Woche. Was viele dabei nicht wissen: selbst frisch gewaschene Wäsche enthält immer noch deutliche Mengen an Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze. Die sind zwar für einen gesunden Mensch normalerweise nicht schädlich, können aber trotzdem unangenehm werden – durch einen üblen, muffigen Geruch. Was besonders unpraktisch ist: Aktuelle Trends wie umweltfreundlicheres Waschen bei niedrigen Temperaturen, Wassersparprogramme und der Einsatz Bleiche-freier Flüssigwaschmittel begünstigen das Keimwachstum in Waschmaschinen und auf der Wäsche. Bakterienkolonien auf gewaschener Kleidung sind also ein wachsendes Forschungsfeld, in doppeltem Sinne. Auf diesem Gebiet ist ein Projektteam um Prof. Dr. Markus Egert an der Hochschule Furtwangen (HFU) unterwegs. Das Team beschäftigt sich mit Keimen in Waschmaschinen und auf Wäsche, z. B. mit der Frage, wie sich die Mikroben zu Gunsten des Menschen beeinflussen lassen und welche Organismen überhaupt auf den Textilien leben.

Für letzteren Aspekt haben Wissenschaftler bereits einige Fortschritte gemacht. Man finde auf gewaschener Wäsche v. a. Wasserbakterien aus der Waschmaschine, aber auch nicht ausreichend inaktivierte Haut- und Umweltkeime, die von der dreckigen Wäsche stammen, wie Studienleiter Egert erklärt. Diese Erkenntnisse haben auch die Studien seiner Arbeitsgruppe bekräftigt.

Ein Mysterium ist nach wie vor, was diese Keime auf der Wäsche so treiben, zum Beispiel was sie fressen und was für Stoffwechselprodukte sie erzeugen.

Prof. Dr. Markus Egert, Lehrstuhl für Mikrobiologie und Hygiene, Hochschule Furtwangen (HFU)

Die Botschaften der Mikroben abhören

So genannte Meta-Transkriptomanalysen sind eine attraktive Möglichkeit herauszufinden, welche Stoffwechselprozesse in einer komplexen mikrobiellen Gemeinschaft wie auf den gewaschenen Textilien ablaufen. Dazu wird messenger RNA (mRNA) aus den Proben extrahiert und sequenziert. Die meisten mRNAs enthalten Informationen für Enzyme, also Proteine, die den Stoffwechsel antreiben und regulieren. Wenn man diese Informationen entschlüsselt, verrät das Details über den „Alltag“ der Mikroorganismen: was haben sie gefressen? Und viel wichtiger: Was scheiden sie wieder aus?

Für Lebensgemeinschaften mit vielen aktiven Mikroorganismen, wie den menschlichen Verdauungstrakt, sind solche Analysen schon etabliert. „Für gewaschene Wäsche hat diese Technologie aber bislang noch niemand gewagt“, sagt Egert. „Die Herausforderung liegt in der Instabilität der mRNA und den relativ geringen Mengen, die auf gewaschener Wäsche vorkommen. Wir haben milde Waschbedingungen gewählt und die feuchten Textilien anschließend für 72 Stunden in der Maschine ‚vergessen‘. So konnte am Ende genügend mRNA für diese Pilotstudie geerntet werden“, erklärt der Mikrobiologe.

Futtern stinkende Mikroben unsere Socken?

Bei der Studie haben die Forscher Textilproben aus Baumwolle und Polyester in einer gebrauchten Haushaltswaschmaschine bei 30°C mit Flüssigwaschmittel gewaschen. Dies wiederholten sie zweimal unabhängig voneinander zusammen mit getragener Wäsche. Anschließend schauten sie nach Unterschieden in der bakteriellen Genexpression auf den verschiedenen Gewebetypen. „Hauptziel unserer Pilotstudie war es, die Meta-Transkriptomtechnologie für die Wäschehygiene zu etablieren. Das ist uns gut gelungen“, sagt Egert. „Zudem konnten wir erste Unterschiede in der bakteriellen Genexpression zwischen Baumwolle und Polyestergewebe aufzeigen.“

Insgesamt wurden 17 Gene identifiziert, die sich signifikant in ihrer Expression zwischen Baumwolle und Polyester unterschieden. Darunter zwei, die der Gattung Moraxella zugeordnet wurden, zu der das bekannte ‚Stinkerbakterium‘ Moraxella osloensis gehört. Einige der identifizierten Gene stehen in Zusammenhang mit dem bakteriellen Kohlenhydratstoffwechsel. Dies lässt vermuten, dass die feuchten Textilen selber den Bakterien als Nahrung dienen könnten. Baumwolle besteht aus Cellulose, die wiederum aus Glucose-, also Zuckereinheiten aufgebaut ist. Polyester dagegen ist ein schwer abbaubarer Kunststoff.

Man muss die Mikroben aus der Waschmaschine ja nicht gleich töten. Sie zu ‚überreden‘ mit dem Stinken aufzuhören, wäre schon ein großer Erfolg.

Prof. Dr. Markus Egert, Lehrstuhl für Mikrobiologie und Hygiene, Hochschule Furtwangen (HFU)

Wie sich die Bakterien im Detail auf unserer Wäsche verhalten, erfordert aber noch einiges an Forschungsarbeit. Das Team von der Hochschule Furtwangen will langfristig herausfinden, wie man das Verhalten der Mikroorganismen unter hygienischen Gesichtspunkten optimieren kann.

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