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2D-Nanomaterial verringert Reibung Vielschichtiger Schmierstoff mit Weltraum-Potenzial

Von Dr. Florian Aigner*

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Damit sich der Marsrover im Staub des Planeten nicht verkantet, braucht er spezielle Trockenschmierstoffe. Dafür könnten sich zukünftig besondere Schichtmaterialien anbieten, die ein internationales Forscherteam mit Beteiligung der TU Wien untersucht hat.

Atomar dünne Schichten, die aufeinander gleiten können, verringern die Reibung.
Atomar dünne Schichten, die aufeinander gleiten können, verringern die Reibung.
(Bild: TU Wien)

Wien/Österreich – Die Fahrradkette kann man mit Öl schmieren, aber was macht man bei einem Marsrover oder bei einem glühend heißen Transportband in der Stahlindustrie? Hier sind spezielle Schmierstoffe nötig, etwa bestimmte Nanomaterialien. Solche hat ein Team von der Technischen Universität Wien nun gemeinsam mit Forschergruppen aus Saarbrücken, der nordamerikanischen Purdue University und der südamerikanischen Universidad de Chile untersucht.

Die analysierten Stoffe gehören zu der Materialklasse der MXene (sprich: Maxene), die bisher besonders im Zusammenhang mit neuartigen Batterie-Technologien Aufmerksamkeit erhalten haben. Doch wie sich nun zeigt, sind sie auch ein hervorragender Festschmierstoff, der extrem haltbar ist und auch unter schwierigsten Bedingungen seine Aufgabe dauerhaft erfüllt.

Atomlagen aus Kohlenstoff und Titan

Die MXene zählen zu den so genannten 2D-Materialien, wie auch das Kohlenstoff-Material Graphen. Ihre Eigenschaften werden wesentlich dadurch bestimmt, dass es sich um ultradünne Schichten handelt: einzelne Atomlagen ohne starke Bindungen nach oben oder unten. „Man beginnt zunächst mit so genannten MAX-Phasen, das sind spezielle Schichtsysteme, die etwa aus Titan, Aluminium und Kohlenstoff bestehen“, beschreibt Prof. Carsten Gachot von der TU Wien den Herstellungsprozess der MXene. „Der entscheidende Trick ist, das Aluminium mit Flusssäure heraus zu ätzen.“ Übrig bleibt dann ein Stapel von atomar dünnen Schichten aus Titan und Kohlenstoff, die ähnlich wie Papierblätter lose aufeinanderliegen. Jede Schicht für sich ist relativ stabil, die Schichten können sich aber gegeneinander problemlos verschieben.

Diese Verschiebbarkeit der atomaren Schichten untereinander macht das Material zu einem hervorragenden Trockenschmiermittel: Ohne Abrieb zu erzeugen, wird ein extrem widerstandsarmes Gleiten ermöglicht. Die Reibung zwischen Stahloberflächen konnte damit auf ein Sechstel reduziert werden – und das mit außergewöhnlich hoher Verschleißbeständigkeit: Auch nach 100.000 Bewegungszyklen funktionierte die MXene-Schmierschicht in den Experimenten der Forscher noch problemlos. Das ist perfekt für den Einsatz unter erschwerten Bedingungen: Während Schmieröl etwa im Vakuum bei Weltraummissionen sofort verdampfen würde, lassen sich MXene in Form von feinem Pulver auch dort einsetzen.

Von Feuchte und Hitze unbeeinflusst

Dünnschichtmaterialien als Schmierstoff zu testen ist kein neuer Ansatz. „Man hat Ähnliches auch schon mit Graphen oder Molybdändisulfid versucht“, sagt Gachot. „Aber sie reagieren empfindlich auf Feuchtigkeit in der Atmosphäre. Wassermoleküle können die Bindungskräfte zwischen den einzelnen Schichten verändern. Bei MXenen spielt das hingegen eine geringere Rolle.“

Ein weiterer, entscheidender Vorteil ist die Hitzebeständigkeit. „Viele Schmiermittel oxidieren bei großer Hitze und verlieren dabei ihre Schmierfähigkeit. MXene hingegen sind viel stabiler, man kann sie sogar in der Stahlindustrie einsetzen, wo mechanisch bewegte Teile schon mal eine Temperatur von mehreren hundert Grad Celsius erreichen können“, erklärt Gachot. Von Seiten der Industrie gebe es bereits großes Interesse an diesen Materialien. „Wir gehen davon aus, dass solche MXene schon bald in größerem Maßstab hergestellt werden können“, meint der Forscher.

Originalpublikation: P. Grützmacher et al.: Superior Wear-Resistance of Ti3C2Tx Multilayer Coatings, ACS Nano, 2021; DOI: 10.1021/acsnano.1c01555

* Dr. F. Aigner, Technische Universität Wien, 1040 Wien/Österreich

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