In Getränken mit Kirschgeschmack fand man 2013 Spuren des krebserregenden Stoffes Benzol. Dass dieses aus Reaktionen zwischen dem Konservierungsstoff Benzoesäure (E 210) und dem Antioxidationsmittel Ascorbinsäure (E 300) entstehen kann, war schon bekannt. Doch nun haben Forscher einen weiteren Weg im Modellversuch beschrieben, bei dem Licht und das Kirscharoma Benzaldehyd eine entscheidende Rolle spielen.
Ausgangspunkt für die Untersuchungen war ein im Labor aus Sauerkirschen hergestellter reiner Kirschsaft.
(Bild: Gisela Olias / Leibniz-LSB)
München – Krebserregende Substanzen in Erfrischungsgetränken? Mit diesem Befund erregte Stiftung Warentest im Jahr 2013 Aufmerksamkeit. Man hatte in Getränken mit Kirschgeschmack gesundheitsgefährdendes Benzol nachgewiesen. Doch wie war die Substanz in die Getränke gelangt? Und wie lässt sich so etwas zukünftig verhindern? Eine neue Studie des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie und der Technischen Universität München (TUM) bringt Antworten.
Benzol
Nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) gelangt Benzol hauptsächlich über die Atemluft in unseren Körper. Nichtrauchende nehmen durchschnittlich circa 200 Mikrogramm Benzol pro Tag auf. Raucherinnen und Raucher sind in etwa zehnmal stärker belastet. Aber auch Nahrungsmittel können Spuren dieser gesundheitsschädlichen Substanz enthalten und so zur Belastung beitragen.
Der Stoff ist als kanzerogener Gefahrstoff eingestuft, ein toxikologischer Schwellenwert, unter dem die Einnahme unbedenklich ist, wird daher nicht angegeben. Ledglich in der Trinkwasserverordnung ist eine Höchstgrenze von einem Mikrogramm Benzol pro Liter festgelegt. Laut BfR sollte die Aufnahme von Benzol im Sinne des vorbeugenden Verbraucherschutzes aber so weit wie möglich minimiert oder besser ganz vermieden werden.
Verdächtiger: Der Duft nach Kirsche
Bei der Untersuchung der Stiftung Warentest im Jahr 2013 fand man in 6 von 30 Proben Spuren von Benzol. Ein Getränk enthielt knapp 4,6 Mikrogramm Benzol pro Liter. Zum Vergleich: In Deutschland darf ein Liter Trinkwasser maximal ein Mikrogramm der Substanz enthalten. Experten der Stiftung Warentest vermuteten damals, dass der Geruchsstoff Benzaldehyd die Ursache für die beobachteten Benzol-Verunreinigungen war.
Diese Vermutung brachte die Forscher der nun veröffentlichten neuen Studie auf den Plan. „Da wir mit unserer Forschung auf Geruchsstoffe spezialisiert sind, gingen wir im Interesse des Verbraucherschutzes und auf Anregung des Deutschen Verbandes der Aromenindustrie dieser Vermutung nach“, sagt Erstautorin Dr. Stephanie Frank vom Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München.
Hierzu etablierte das Wissenschaftsteam zunächst eine zuverlässige, hochsensible Nachweismethode für Benzol und führte dann Versuche mit verschiedenen Modelllösungen durch, die benzolfreien Benzaldehyd enthielten. Darüber hinaus untersuchte das Team unter Laborbedingungen hergestellten Kirschsaft, dem sie zusätzlich den reinen Geruchsstoff zugaben.
Die Versuche der Forscher bestätigten die Annahme von Stiftung Warentest, dass der krebserregende Stoff wegen des Benzaldehyds in den Getränken nachgewiesen worden war: Wie die Studie belegt, entsteht aus Benzaldehyd umso mehr Benzol, je länger der Geruchsstoff dem Licht ausgesetzt ist. Aber auch die Lichtstärke ist entscheidend. Andere Parameter wie pH-Wert, Sauerstoffgehalt, die Anwesenheit von Metallionen oder die Temperatur beeinflussten die Benzol-Produktion in den Modelllösungen hingegen nicht.
Bei den Versuchen machten die Forscher noch eine wichtige Entdeckung: Anders als in den Modelllösungen mit Benzaldehyd, entstand in dem unter Laborbedingungen hergestellten Kirschsaft kein Benzol unter Lichteinfluss. Lebensmittelchemikerin Frank hält es für wahrscheinlich, dass die dunkelrote Farbe des Getränks wie ein Lichtschutzfilter wirkt und so die Benzol-Bildung verhindert. Das damals in einigen Saftschorlen gefundene Benzol sei deshalb vermutlich auf zugesetztes Kirscharoma zurückzuführen, das bereits vorher mit Benzol verunreinigt war.
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„Benzaldehydhaltige Aromen sollte man daher unbedingt durchgehend – von der Produktion bis hin zum Verkauf – vor Licht schützen, beispielsweise indem man sie in getönten Gläsern aufbewahrt“, empfiehlt Peter Schieberle, Professor für Lebensmittelchemie an der Technischen Universität München.
Projektverlauf: Von der Stiftung-Warentest-Meldung zum Studienergebnis
Nach dem Stiftung-Warentest-Bericht über Benzol in Erfrischungsgetränken 2013 wendete sich der Deutsche Verband der Aromenindustrie (DVAI) erstmalig in der zweiten Jahreshälfte 2014 an das Wissenschaftlerteam vom Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie und der TU München. Daraufhin wurde ein Projektantrag gestellt, um Forschungsgelder zu beantragen. Von 2015 bis 2018 arbeiteten die Forscher dann an dem Projekt zur Minimierung der Benzolbildung.
Untersuchungen zu Vorstufen – wie Benzaldehyd – in Aromen bzw. aromatisierten Lebensmitteln und Details zum Ablauf der Benzolbildung waren bis dato kaum verfügbar. Zunächst musste aber eine sichere analytische Methode entwickelt werden, die bis in den Spurenbereich reproduzierbare Ergebnisse liefert. All das erforderte Zeit, weshalb erst 2019 und 2020 die finalen Ergebnisse publiziert werden konnten.
Um dennoch möglichst schnell zur Problemlösung beizutragen, hielten die beteiligten Wissenschaftler die Industriepartner während der gesamten Projektlaufzeit auf dem neusten Stand, sodass die Erkenntnisse schon weit vor deren Publikation zur Verfügung standen. Laut DVAI nutzt die Industrie bereits die Ergebnisse der Studie, um die Herstellung, Verarbeitung und Lagerung entsprechender benzaldehydhaltiger Aromen zu optimieren.
Stand vom 15.04.2021
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