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Stickstoffeintrag in Gewässer kontrollieren Weniger Stickstoff bedeutet geringere Algenblüte

Redakteur: Dipl.-Chem. Marc Platthaus

Besonders im Sommer kommt es in Gewässern häufig zu Algenblüte, der massenhafte Vermehrung von Algen oder Cyanobakterien. Forscher des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei haben nun entdeckt, dass die Algenblüte durch eine Verringerung des Stickstoffeintrages in das Gewässer deutlich reduziert werden kann.

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Der Große Müggelsee im Sommer – ein beliebtes Ausflugsziel und immer wieder von Algenblüten betroffen.
Der Große Müggelsee im Sommer – ein beliebtes Ausflugsziel und immer wieder von Algenblüten betroffen.
(Bild: Tom Shatwell / IGB)

Berlin – Seit Jahrzehnten wird diskutiert, ob ein verringerter Eintrag der Stickstoffverbindungen Nitrat und Ammonium die Gewässergüte nachhaltig verbessert, obwohl Stickstoff auch durch Blaualgen aus der Luft gebunden werden kann. Um das zu klären fehlten Langzeitbeobachtungen von Seen, in denen Stickstoff verringert wurde. Um dies zu ändern, haben Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)mithilfe von Langzeitdaten nachgewiesen, dass eine Reduzierung von Stickstoff im Berliner Müggelsee der Schlüssel zur Vermeidung von Algenblüten im Sommer ist. Und dass die Bindung von Luftstickstoff durch Blaualgen viel zu gering ist, um als Gegenargument für die ökologisch notwendige Verringerung der Stickstoffeinträge zu gelten.

Landwirtschaft und Abwasser sind Hauptverursacher der Algenblüte

Bereits in den 1970er Jahren wurden Nährstoffeinträge durch die Landwirtschaft und Abwassereinleitungen als Hauptverursacher für ein übermäßiges Pflanzen- und Algenwachstum in Seen und Flüssen erkannt. Seither setzt man im Gewässermanagement auf eine Verringerung der Phosphoreinträge. „Diese Strategie ist oft erfolgreich, allerdings längst nicht in allen Gewässern: in flachen Seen gibt das Sediment im Sommer große Mengen Phosphor ab. Dann könnte eine Verringerung des Stickstoffangebotes helfen, weil die Algen sowohl Phosphor als auch Stickstoff zum Wachsen brauchen. Bisher fehlten allerdings stichhaltige Beweise dafür, dass die – aufwendigere und teurere – Reduzierung von Stickstoffeinträgen langfristig erfolgreich ist“, erklärt Dr. Tom Shatwell, Gewässerökologe am IGB, den Ausgangspunkt der Untersuchung.

Langzeitdaten lassen tief blicken

Für ihre Untersuchung haben die Wissenschaftler Daten aus 38 Jahren (1979-2016) statistisch ausgewertet. Im Rahmen eines Langzeitprogramms werden der Müggelsee und seine Zuflüsse seit den 1970ern wöchentlich beprobt und unter anderem die Konzentrationen von Phosphor und Stickstoff sowie die Artenzusammensetzung der Algengemeinschaften untersucht. Der Müggelsee ist einer der wenigen Seen weltweit, dessen Belastung mit Phosphor und Stickstoff deutlich abgenommen hat und der gleichzeitig schon lange genug untersucht wird, um Rückschlüsse auf die Auswirkungen verringerter Stickstoffeinträge zu ziehen.

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Phosphor war im Müggelsee jeden Sommer im Überfluss vorhanden, weil er aus den Seesedimenten freigesetzt wurde. Die Algenmenge nahm allein durch die Verringerung des Stickstoffangebotes ab – und die Klarheit des Wassers zu. Die Annahme, dass bestimmte Blaualgenarten den fehlenden Stickstoff aus den Zuflüssen langfristig durch Luftstickstoff ersetzen würden, hat sich im Müggelsee nicht bestätigt. Tatsächlich haben sich die Blaualgen nicht vermehrt und kaum Stickstoff aus der Luft gebunden. „Die Fixierung von Luftstickstoff erfordert sehr viel mehr Energie als die Nutzung von Nitrat oder Ammonium aus dem Wasser. Die Blaualgen nutzen diese Methode offenbar nur dann, wenn es unbedingt nötig ist und wenn ausreichend Sonnenenergie zur Verfügung steht“, erklärt Dr. Jan Köhler, Mitautor und Leiter der Arbeitsgruppe „Photosynthese und Wachstum von Algen und Makrophyten“ am IGB.

Vom Müggelsee lernen

Bislang ist der Müggelsee das einzige Fallbeispiel im großen Stil. Allerdings ist die starke Freisetzung von Phosphor aus dem Sediment und von Stickstoff aus dem Wasser in die Luft typisch für Flachseen im Sommer, sodass sich viele andere flache Seen ähnlich verhalten dürften. „In jedem Fall sollten die Ergebnisse Ansporn genug sein, um eine gezielte Reduzierung von Stickstoff auch für andere Seen zu testen. Unsere Studie ist ein Baustein für ein effektiveres Gewässermanagement“, fasst Tom Shatwell die Relevanz der Ergebnisse zusammen.

Hier erklären die Wissenschaftler im Kurzvideo ihre Forschungsergebnisse.

Originalpublikation: Tom Shatwell, Jan Köhler: Decreased nitrogen loading controls summer cyanobacterial blooms without promoting nitrogen-fixing taxa: long-term response of a shallow lake. Limnology and Oceanography, 2018. doi: 10.1002/lno.11002

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