Funktion des Immunsystems Wie Fresszellen Entzündungen erkennen
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Entzündungen schmecken nach Natrium. Zumindest ist dort die Konzentration an Natriumionen erhöht – für Makrophagen ein Zeichen, ihre Aktivität zu steigern und den Entzündungsherd zu bekämpfen. Doch wie erkennen die Fresszellen die höhere Ionenkonzentration? Dem ist ein internationales Forscherteam nachgegangen und hat Prozesse entschlüsselt, die in Zukunft für die Entwicklung neuer entzündungshemmender Medikamente genutzt werden könnten.

Regensburg – Makrophagen spielen als „Fresszellen“ des angeborenen Immunsystems in der Pathogen-Erkennung und Infektionsabwehr eine entscheidende Rolle. Zusätzlich tragen sie zur Geweberegeneration bei und übernehmen homöostatische ‚Hausmeister‘-Funktionen in verschiedenen Organen. Dazu prüfen Makrophagen kontinuierlich ihre Umgebung und reagieren auf verschiedene Faktoren, etwa bestimmte gelöste Stoffe in ihrer Umgebung. Das Mikromilieu um sie herum entschlüsseln sie mithilfe von verschiedenen Rezeptoren, die Lipide, Proteine, Zucker und Nukleinsäuren erkennen. Wenn diese Rezeptoren den passenden Stoff erkennen, schlagen die Makrophagen mit definierten Signalkaskaden Alarm, die es ihnen ermöglichen, sich an die vorgefundene Situation anzupassen.
Das Gewebemikromilieu wird aber nicht nur durch organische Substanzen wie Fette und Zucker bestimmt. So können Entzündungen und Infektionen dazu führen, dass sich lokal Natrium im Gewebe anhäuft, was sowohl die inflammatorische Aktivität als auch die antimikrobielle Schlagkraft von Makrophagen steigern kann. Offenbar haben die Makrophagen einen Riecher für das angesammelte Natrium. Wie jedoch nehmen sie Veränderungen in der lokalen Ionenbilanz und insbesondere die erhöhte Natrium-Verfügbarkeit in ihrer Umgebung wahr? Diese Frage beschäftigte die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Jonathan Jantsch am Institut für Klinische Mikrobiologie und Hygiene des Universitätsklinikums Regensburg, die für die aktuelle Studie mit weiteren Gruppen aus Deutschland, Singapur und Australien zusammenarbeitete.
Transmembranprotein als Tor für Natrium
In Zellversuchen beobachteten die Forscher, was genau bei einer Erhöhung der Natriumkonzentration außerhalb der Fresszellen passiert. Sie stellten fest, dass es zu einem raschen Einstrom von Natrium in die Makrophagen kommt, der von einem Calcium-Ausstrom begleitet ist. Dies deute darauf hin, dass Natrium/Calcium-Austauschprozesse eine wichtige Rolle in der Natrium-Wahrnehmung der Makrophagen spielen.
Um das zu überprüfen, blockierten die Wissenschaftler die molekulare Maschine, die den Fresszellen den Natrium/Calcium-Austausch ermöglicht: Ein Transmembranprotein mit der Bezeichnung NCX1. Wie erwartet, störte dies den Natrium-Einstrom unter Hochsalzbedingungen. Aber nicht nur das: Die Makrophagen waren auch weniger aktiv, als es sonst nach erhöhter Natrium-Exposition beobachtet wurde. Die Blockade des NCX1-Ionenaustauschers hatte also die antimikrobielle Stärke der Fresszellen gehemmt.
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Grundlage für neue Entzündungshemmer
Mit ihrer Arbeit haben die Forscher eine wichtige Komponente des Natrium-Detektionsapparats der Makrophagen entschlüsselt. Sie zeigten, dass dem NCX dabei eine zentrale Rolle zukommt. Das Natrium/Calcium-Austausch-Protein ermöglicht es den Fresszellen, Natrium in der Umgebung zu erkennen und so gezielt gegen Entzündungen – die sich durch eine erhöhte Natriumkonzentration auszeichnen – vorzugehen. Dies eröffnet neue Möglichkeiten, die Makrophagen-Funktion mit entsprechend designten Wirkstoffen zu beeinflussen und so entzündliche Erkrankungen besser zu behandeln.
Originalpublikation: P. Neubert, A. Homann, D. Wendelborn, A. Bär, L. Krampert, M. Trum, A. Schröder, S. Ebner, A. Weichselbaum, V. Schatz, P. Linz, R. Veelken, J. Schulte-Schrepping, A. C. Aschenbrenner, T. Quast, C. Kurts, S. Geisberger, K. Kunzelmann, K. Hammer, K. J. Binger, J. Titze, D. N. Müller, W. Kolanus, J. L. Schultze, S. Wagner, J. Jantsch: NCX1 represents an ionic Na+ sensing mechanism in macrophages, Angewandte Chemie, 06 May 2020; DOI: 10.1371/journal.pbio.3000722
* C. Glaser, Universität Regensburg, 93053 Regensburg
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