Korallenbewuchs fördern Antifouling – pro Koralle?
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Die Erderwärmung macht Korallenriffen zu schaffen. Riffe schrumpfen oder verschwinden für immer aus den Küstengebieten. Spezielle Beschichtungen könnten zukünftig helfen, dass sich die Larven der Nesseltiere leichter zu neuen Riffen ansiedeln können.

Tropische Korallenriffe stehen unter zunehmendem Druck durch die Erwärmung und Versauerung der Ozeane, die Verschmutzung der Meere, Dynamitfischerei und andere Aktivitäten des Menschen in Küstengebieten. Damit sich Riffe erholen können und widerstandsfähiger werden, muss die Fortpflanzung der Steinkorallen sowie die Verbreitung und Ansiedlung ihrer Larven gelingen.
Dabei sind die Larven einigen Gefahren ausgesetzt: sie haben Fressfeinde wie Fische und Schlangensterne, aufgewirbeltes Meeressediment verhindert ihre Ansiedlung, und Algen machen ihnen geeignete Siedlungsplätze streitig. Algen sind in dem natürlichen Wettlauf um den besten Platz oft im Vorteil: In Küstengebieten profitieren sie von Abwässern und den darüber ins Wasser gelangenden Nährstoffen aus der Landwirtschaft, wodurch sie besonders gut gedeihen und die Korallenlarven zunehmend verdrängen.
Maßnahmen gegen Biofouling
Das Problem, dass sich Algen – aber auch Muscheln oder Seepocken – auf Oberflächen anheften, ist aus der Seefahrt hinlänglich bekannt und kann zu Schäden in Milliardenhöhe führen. Um diesem so genannten Biofouling entgegenzuwirken, werden die Schiffsrümpfe mit Antifouling-Beschichtungen behandelt. Diese Anstriche enthalten meist biozide Wirkstoffe, die den Bewuchs verhindern sollen.
Könnten ähnliche Beschichtungen auch für die Ansiedlung von Korallenlarven bessere Bedingungen schaffen? Dieser Frage ging die Meeresbiologin Lisa Röpke am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) nach. „Wir wollten eine Beschichtung finden, die das Algenwachstum auf einem geeigneten Siedlungsplatz reduziert, die Larven aber nicht beeinträchtigt“, sagt die Wissenschaftlerin. Für ihre Studie bestrich Röpke Trägerplättchen, wie sie zum Aussetzen kleiner Korallenstöcke in Meerwasseraquarien und bei Wiederherstellungsprojekten in Riffen genutzt werden, mit drei Antifouling-Beschichtungen. Diese drei Beschichtungen wurden in der Studie neu entwickelt und zum ersten Mal getestet. Das Ziel der Forscherin ist es, Mixturen zu finden die umweltverträglicher sind als die bisherigen Mittel.
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Antifouling
Biolacke mit natürlichem Antifouling nach Seegurken-Vorbild?
Drei Biozide im Test
Eine der Beschichtungen beinhaltet das Biozid DCOIT (Dichlorooctylisothiazolinon), eine weitere besteht aus Ceriumdioxid-Nanopartikeln. Diese können das Bakterienwachstum auf Substraten eindämmen, das einen großen Einfluss darauf hat, ob sich Algen an einem Platz niederlassen. Bei dem dritten Anstrich handelt es sich um eine Silikonbeschichtung, die durch ihre glatte und wasserabweisende Oberfläche verhindert, dass sich Fouling-Organismen ansiedeln können.
Die beschichteten Träger setzte Röpke in Aquarien mit Kalk-, Grün- und Braunalgen. Nach fünf Wochen wurden die Plättchen in Gläser überführt und Korallenlarven der Gattung Acropora hinzugefügt. 24 Stunden später untersuchte die Forscherin, wie viele Larven sich auf den Trägern angesiedelt hatten.
„Wir stellten fest, dass sowohl die Silikon- wie auch die DCOIT- Beschichtung das Algenwachstum auf den Trägern wirksam reduzierten. Besonders spannend war jedoch, dass sich die Beschichtungen nicht negativ auf das Ansiedlungsverhalten der Korallenlarven auswirkten“, berichtet Röpke. „Möglicherweise könnten mit dieser Methode in Riffen Flächen gestaltet werden, die das Algenwachstum in Schach halten und den Korallen somit einen zeitlichen Vorsprung in ihrer Entwicklung geben. Für Riffe wäre das eine wichtige Hilfe, zumal ein Großteil der Steinkorallen in der Regel nur einmal im Jahr ablaicht.“
Starthilfe für Korallenlarven
Mit dem Einsatz beschichteter Flächen zur Ansiedlung von Korallenlarven ließe sich – ergänzend zu weiteren Methoden – das eine oder andere Riffgebiet noch als Refugium erhalten, von dem aus absterbende Riffareale neu besiedelt werden könnten, hofft die Forscherin. Dennoch sei Vorsicht geboten. „Momentan gibt es auf dem Markt noch keine verlässlichen und gleichzeitig unbedenklichen Antifouling-Anstriche. Effektive und nur für Bewuchsorganismen schädliche Beschichtungen könnten eine nachhaltige Alternative zu toxischen Anstrichen sein“, sagt Röpke. Bei den neuen Antifouling-Anstrichen ihrer Studie müsse deren Wirkung auf Larven anderer Korallen und auch auf andere Rifforganismen aber noch untersucht werden.
Originalpublikation: Roepke, L. K., Brefeld, D., Soltmann, U., Randall, C. J., Negri, A. P., Kunzmann, A.: Antifouling coatings can reduce algal growth while preserving coral settlement, Scientific Reports, 12, Article number: 15935 (2022); DOI: 10.1038/s41598-022-19997-6.
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