Flüssigchromatographie Bessere Effizienz in der HPLC durch Temperaturerhöhung?
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Der Druck ist in der HPLC sicherlich der physikalische Parameter, den die Anwender immer im Blick haben, wenn es um die Effizienz einer Trennung geht. Lesen Sie, welche Auswirkungen Temperaturänderungen bei der Flüssigchromatographie haben.

In der Chromatographie wie der HPLC wirkt sich die Temperatur einerseits auf Retention und Selektivität aus, andererseits auf die für die Geschwindigkeit und Effizienz von Trennungen wichtigen Massentransportprozesse. Diese kinetischen Aspekte von Temperaturänderungen werden hier praxisnah beleuchtet.
Die van-Deemter-Gleichung (1) beschreibt den Zusammenhang zwischen Bandenverbreiterung oder Dispersion in der Trennsäule (gemessen als Bodenhöhe H) und Lineargeschwindigkeit u der mobilen Phase, also Geschwindigkeit der Trennung. Sowohl bei der axialen Verbreiterung des Peaks durch Diffusion (Longitudinaldiffusion, B-Term) als auch beim Massentransport des Analyten zwischen mobiler und stationärer Phase (C-Term) spielt der Diffusionskoeffizient Dm eine entscheidende Rolle und er steigt mit zunehmender Temperatur. Interessant ist dabei, dass sich die Longitudinaldiffusion zwar verstärkt (negativer, Peak-verbreiternder Effekt), der beschleunigte Massentransport die Trennung bei hohen Geschwindigkeiten aber günstig beeinflusst (positiver Effekt).
Mathematisch drückt sich dies in der van-Deemter-Gleichung so aus, dass der Diffusionskoeffizient (Dm) beim B-Term im Zähler steht, beim C-Term hingegen im Nenner.
Temperatureinfluss in der HPLC – ein Praxisbeispiel
Betrachten wir den Einfluss der Temperatur auf van-Deemter-Kurven an einem Beispiel. Abbildung 1 zeigt die deutlich verschiedenen Kurven für HPLC-Läufe des Pharma-Wirkstoffs Budesonid auf einer oberflächlich porösen stationären Phase (Solid Core) mit 4 µm Teilchendurchmesser bei den Temperaturen 30 °C und 50 °C. Die erhöhte Temperatur lässt den C-Term flacher werden, mit größerer Lineargeschwindigkeit steigt die zusätzliche Bandenverbreiterung also weniger stark an. Gleichzeitig ist der B-Term bei 50 °C ausgeprägter. Beide Effekte verschieben das Minimum der Kurve deutlich zu höheren Lineargeschwindigkeiten. So resultiert als Anwendernutzen die beste Effizienz (Minimum) bei schnellerer Trennung. Zusätzlich ist die Einbuße der Effizienz weniger ausgeprägt, wenn die Geschwindigkeit weiter gesteigert wird.
Bedeutet dies, dass mit einer Temperaturerhöhung automatisch eine Verbesserung der Trennleistung verbunden ist? Wenn die hier beschriebene Methode bei 30 °C bereits bezüglich ihrer Lineargeschwindigkeit optimiert wurde (Minimum der Kurve), so liegt die Lineargeschwindigkeit bei 0,25 mm/s und es wird eine Bodenhöhe von 7,7 µm erzielt. Auf der verwendeten 150 mm langen Säule beträgt die Bodenzahl dann 19.000. Wird die Temperatur jetzt auf 50 °C erhöht, so nimmt die Dispersion wegen des stärker werdenden B-Terms sogar zu (H = 8,3 µm) und die Bodenzahl sinkt auf 18.100, also der gegenteilige Effekt einer schlechteren Effizienz stellt sich ein.
Muss deshalb mit der Temperaturerhöhung also stets die Lineargeschwindigkeit zu höheren Werten angepasst werden? Grundsätzlich kann dies nicht schaden. Betrachten wir aber den Fall, dass die Geschwindigkeit der Methode bei niedriger Temperatur sich bereits weit im C-Term befindet. Wird bei der 10-fachen Geschwindigkeit von 2,5 mm/s die Temperatur von 30 °C auf 50 °C erhöht, so sinkt die Bodenhöhe von 18,5 µm auf 15,1 µm, damit steigt die Bodenzahl von 7900 auf 10.000 Böden deutlich an. Hier stimmt also die Annahme, dass höhere Temperatur sich positiv auf die Effizienz auswirkt. Hat dies jedoch zwingend einen positiven Einfluss auf die chromatographische Auflösung?
Wie eine chromatographische Trennung grundsätzlich abläuft, veranschaulicht das folgende Video von FisherScientificEU:
Thermodynamische und kinetische Effekte in der Praxis
Um den tatsächlichen Effekt der Temperaturerhöhung zu beleuchten, betrachten wir das Beispiel der Budesonid-Analytik genauer. Dieser Wirkstoff liegt in den epimeren Formen R- und S-Budesonid vor, wobei die Kenntnis von deren Verhältnis pharmazeutisch relevant ist. Epimere mit der HPLC zu trennen ist schwierig, die Selektivität von Methoden ist dafür üblicherweise niedrig. Auch für 22R- und 22S- Budesonid ist die Selektivität der verwendeten Methode kleiner als α = 1,1.
Zur umfassenden Diskussion der Auswirkung der Temperaturänderung auf die Auflösung Rs dient die Purnell-Gleichung (2), welche die Beiträge von Effizienz (Bodenzahl N), Retention (Retentionsfaktor k) und Selektivität (Retentionsfaktorenverhältnis α zweier Substanzen) kombiniert.
Betrachten wir das Chromatogramm der R-/S-Budesonid-Trennung bei 30 °C und der maximalen Lineargeschwindigkeit von 2,5 mm/s (Abbildung 1a, blau). Die Trennung ist mit weniger als zwei Minuten relativ schnell, die Auflösung wegen der Kombination aus niedriger Selektivität (α = 1,09) und relativ niedriger Bodenzahl von 7900 mit Rs = 1,47 jedoch unterhalb der generellen Anforderung (mindestens Rs = 1,5, besser Rs = 1,8).
Wir hatten bereits gesehen, dass sich die Trennleistung bei 2,5 mm/s Geschwindigkeit durch Temperaturerhöhung um fast 27% auf 10.000 Böden steigern lässt. Nach der Purnell-Gleichung sollte dies 12,5% Verbesserung an Auflösung bringen (Wurzelfunktion im N-Term). Gleichzeitig sinkt der Arbeitsdruck durch die niedrigere Viskosität der mobilen Phase von 420 bar auf 350 bar. Die 50-°C-Methode kann auf einer konventionellen HPLC-Apparatur laufen, was für die 30-°C-Methode nicht der Fall ist. Allerdings sind auch die thermodynamischen Effekte der Temperaturerhöhung zu berücksichtigen. Zunächst verringert sich mit einer Erhöhung der Temperatur meist die Retention. Dies ist auch hier der Fall (k30°C ≈ 2,8, k50°C ≈ 2,6), wenngleich das Ausmaß moderat ist und die Auswirkung davon minimal bleibt (ca. 2% Abnahme von Rs gemäß Purnell-Gleichung).
Das Chromatogramm bei 50 °C (rot) in Abbildung 1 zeigt die etwas geringere Retentionszeit und die schärferen (höheren) Peaks aufgrund der größeren Bodenzahl. Leider ist die Auflösung aber deutlich schlechter, sie fällt von 1,47 drastisch auf 1,21 ab. Maßgeblich schuld daran ist der mit der Temperaturerhöhung verbundene Verlust an Selektivität von α = 1,09 auf α = 1,07. Dies mag auf den ersten Blick als geringer Unterschied erscheinen. Setzt man diese Werte aber in die Purnell-Gleichung ein, so errechnet sich eine erwartete Abnahme der Auflösung von fast 21%. Dieser negative Effekt überkompensiert die 12,5% der besseren Effizienz bei weitem, die niedrigere Retention kommt hinzu. Folge ist, dass die Methode bei hoher Lineargeschwindigkeit und 50 °C unbrauchbar ist.
Ein Zoom in das Peakpaar mit deckungsgleich angepassten Zeiten für die Peakmaxima zeigt eindrucksvoll die schlechtere Auflösung (Abb.1b). Die Peaks sind durch die geringere Selektivität so nah zusammengerückt, dass sie beim graphischen Auseinanderziehen auf gleichen Abstand noch breiter werden als jene der Trennung bei 30 °C.
Zum Vergleich ist in Abbildung 1c auch die angepasste Überlagerung des Peakpaares für die langsame Trennung bei 0,25 mm/s bei Temperaturerhöhung von 30 °C auf 50 °C gezeigt. Wird die Temperatur an diesem Arbeitspunkt erhöht, so ist der negative Einfluss auf die Auflösung wegen der zusätzlichen Abnahme der Bodenzahl noch eklatanter.
Temperatur zur kinetischen Optimierung der HPLC-Trennung einsetzen
Das Beispiel von R- und S-Budesonid zeigt, dass wegen der geringen Selektivität eine hohe Bodenzahl gebraucht wird. Die Kurven in Abbildung 1 verdeutlichen, dass die erhöhte Temperatur bei optimalem u nicht zur Erhöhung der Bodenzahl führt – entgegen verbreiteter Mythen gilt dies auch allgemein. Die richtige Optimierung muss entlang des orangenen Pfeils erfolgen. Bei T = 50 °C werden die 19.000 Böden bei der doppelten Lineargeschwindigkeit (0,5 mm/s) erreicht.
Abbildung 2 zeigt die entsprechenden Chromatogramme unter Angabe der Auflösung Rs im Vergleich. Die Geschwindigkeit der Trennung wird durch die Erhöhung der Lineargeschwindigkeit von 0,25 mm/s auf 0,5 mm/s bereits verdoppelt (Vergleich der blauen Chromatogramme). Durch die T-Erhöhung auf 50 °C ist die Trennung wegen der niedrigeren Retention nochmals um fast 10% (blau nach rot oben) beschleunigt. Aufgrund der geringeren Viskosität steigt der Druck dabei nur von 45 bar auf 70 bar an. Die Auflösung ist mit 1,7 wegen der kleineren Selektivität zwar deutlich geringer, aber noch immer zur Quantifizierung ausreichend.
Weitere Tipps zur Optimierung der HPLC-Trennung finden Sie in diesem Beitrag:
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Optimierte HPLC
So gelingt die nachhaltige und robuste HPLC-Trennungsoptimierung
Alternativ könnte die Geschwindigkeit der Trennung auch einfach durch Steigerung von u um Faktor 3 (bei T = 30 °C) deutlich gesteigert werden (grüner Pfeil in Abbildung 1). Das entsprechende Chromatogramm ist in Abbildung 2 in grün gezeigt. Die Trennung ist nochmals schneller und die Auflösung mit 1,94 immer noch besser als die der beschleunigten Trennung bei 50 °C. Die deutlich schlechtere Bodenzahl verringert allerdings bei gleicher injizierter Probenmenge die Peakhöhe um ca. 25% und führt so zu höheren Nachweis- und Bestimmungsgrenzen. Weiterhin benötigt die Trennung einen Druck von 125 bar statt 70 bar, was Apparatur und Säule stärker belastet.
Fazit: Dieses Beispiel einer anspruchsvollen Trennung mit Selektivitätsverlust bei steigender Temperatur sollte den verbreiteten Hype um eine kinetische Verbesserung der HPLC bei Temperaturerhöhung etwas relativieren.
* Dr. F. Steiner und Dr. K. Lovejoy: Thermo Fisher Scientific, 82210 Germering
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