Umweltproblem China ist Hotspot der Ozonbelastung
Der rasante Fortschritt von Urbanisierung und Industrie in China fordert Tribut: Wie neue Studienergebnisse dokumentieren, steigt die Ozonbelastung dort seit den 1990er Jahren deutlich an. Während in den USA und Europa allgemein ein Rückgang zu beobachten ist, besteht für die chinesische Volksrepublik umso dringender Verbesserungsbedarf.
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Jülich – Weit oben schützt uns Ozon vor gefährlicher UV-Strahlung, in den unteren Luftschichten ist es ein Schadstoff. Erhöhte Ozon-Konzentrationen in Bodennähe haben negative Auswirkungen auf das Pflanzenwachstum, das Klima – und die Gesundheit: Neuere Untersuchungen zeigen, dass selbst relativ niedrige Ozonwerte chronische Atemwegserkrankungen zur Folge haben können.
In einer neuen Studie hat ein internationales Team von Wissenschaftlern aus China, den USA und vom Forschungszentrum Jülich die Konzentrationen von bodennahem Ozon in China ausgewertet – und kam zu dem Schluss, dass China zu einem globalen Brennpunkt der Ozonbelastung geworden ist: Während die mittleren Ozonwerte mit denen in anderen Industrieregionen in Europa und Nordamerika vergleichbar sind, sind Extremwerte in China nicht nur höher als in diesen Gebieten, sie treten auch häufiger auf. „Nach unserem Wissen gibt es keine andere Region in der Welt, in der die Ozonbelastung so hoch und so häufig ist“, sagt Dr. Martin Schultz vom Jülich Supercomputing Centre.
Die sommerliche Ozonbelastung ist in China in den letzten Jahren zu einem wachsenden Problem geworden: Im Sommer 2017 wurde in vielen chinesischen Städten besonders hohe Konzentrationen von bodennahem Ozon gemessen. „Im Gegensatz zum allgemeinen Rückgang der Ozonkonzentrationen in den USA und Europa zeigen die verfügbaren entsprechenden Daten für China seit 1990 deutliche Zuwächse“, gibt Schultz zu bedenken. „Trotz der zunehmenden Aufmerksamkeit wurde jedoch die Schwere der Ozonbelastung in China – anders als in anderen Industrienationen – bisher nicht auf Grundlage einer umfassenden Ozonüberwachung genau erfasst.“
Der Preis für rasante Urbanisierung
Bodennahes Ozon entsteht unter dem Einfluss von Sonnenlicht aus so genannten Vorläuferschadstoffen: Vor allem Stickoxide und flüchtige organische Verbindungen, daneben auch Kohlenmonoxid und Methan. Um den Ausstoß dieser Schadstoffe zu begrenzen, sind in Europa und Nordamerika seit den 90er Jahren strenge Luftreinhaltungsmaßnahmen in Kraft: Das hat die schädlichen Ozonkonzentrationen in den westlichen Industrienationen erheblich verringert. „In Süd- und Ostasien jedoch haben eine rasante Urbanisierung und Industrialisierung alle Anstrengungen zur Luftreinhaltung überholt und so zu einem deutlichen Anstieg der Emissionen von Ozon-Vorläuferschadstoffen geführt“, erläutert Schultz.
Um der zunehmenden Luftverschmutzung Herr zu werden, startete die chinesische Regierung 2013 einen Aktionsplan. „Durch diesen konnten primäre Luftschadstoffe wie Stickstoffdioxid, Schwefeldioxid oder Kohlenmonoxid erfolgreich reduziert werden“, erklärt der Autor der Studie, Dr. Lin Zhang von der Universität Peking. „Die sich nun abzeichnende Schwere der Ozonbelastung stellt eine neue Herausforderung für die Emissionskontrolle dar.“
Die Wissenschaftler konnten auch zeigen, dass die Ozonwerte in China in den letzten fünf Jahren stetig gestiegen sind. „Auch wenn der betrachtete Fünfjahreszeitraum zu kurz ist, um statistisch belastbare Trendschätzungen abzuleiten, deuten unsere Ergebnisse auf eine zunehmende Ozonbelastung von Menschen, Pflanzen und Ökosystemen in ganz China hin“, meint Schultz. „Aus historischer Sicht ist das heutige Ozon in chinesischen Großstädten vergleichbar mit der Situation von 1980 in den USA, als dort Emissionskontrollen gerade erst begonnen hatten, die Ozon-Spitzenwerte zu beeinflussen.“
Originalpublikation: Xiao Lu, Jiayun Hong, Lin Zhang, Owen R. Cooper, Martin G. Schultz, Xiaobin Xu, Tao Wang, Meng Gao, Yuanhong Zhao, and Yuanhang Zhang: Severe Surface Ozone Pollution in China: A Global Perspective. Environ. Sci. Technol. Lett., 2018, 5 (8), pp 487–494; DOI: 10.1021/acs.estlett.8b00366
* Dr. R. Panknin, Forschungszentrum Jülich, 52428 Jülich
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