Hochporöses Aeromaterial hergestellt Ein Hauch von Nichts im Laserlicht: „Weißes Graphen“
Anbieter zum Thema
Laser sind grell und gefährlich – jedenfalls, wenn man direkt in sie hineinschaut. Dass Laserlicht auch eine weiche Seite haben kann, zeigen Kieler Forscher. Sie haben ein extrem luftiges Material entwickelt, das Laserstrahlen stark streut und sie so in eine angenehme, indirekte Lichtquelle verwandelt.

Kiel – Ein Material, das praktisch nur aus Luft besteht, hat nun ein internationales Forscherteam unter Leitung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) entwickelt. Mit einer Porosität von 99,99% gehört es zu den leichtesten Stoffen der Welt. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sie mit ihrem so genannten Aerobornitrid eine Grundlage geschaffen haben, um Laserlicht zukünftig verstärkt als Leuchtelement zu nutzen.
Basierend auf einer Bor-Stickstoff-Verbindung entwickelten sie eine dreidimensionale Nanostruktur, die Licht sehr stark streut und kaum absorbiert. Bestrahlt man das Material mit einem Laser, gibt es eine gleichmäßige Beleuchtung ab, die je nach Lasertyp sehr viel effizienter und leistungsstärker als LED-Licht ist. Mit Laserlicht könnten zukünftig Lampen für Autoscheinwerfer, Beamer oder Raumbeleuchtungen kleiner und heller werden.
Die nächste Generation von Lichtquellen?
In Forschung und Industrie wird Laserlicht schon länger als „nächste Generation“ von Lichtquellen gesehen, die Leuchtdioden (LEDs) in ihrer Effizienz noch übertreffen könnten. „Für sehr helles oder viel Licht braucht man eine große Anzahl von LEDs und damit Platz. Die gleiche Menge an Licht könnte man aber auch mit einer um ein Tausendstel kleineren Laserstruktur erhalten“, unterstreicht Fabian Schütt, Erstautor der Studie, das Potenzial von gestreutem Laserlicht.
Leistungsstarke kleine Lichtquellen erlauben zahlreiche Einsatzmöglichkeiten. Erste Tests in Autoscheinwerfern gibt es bereits, doch flächendeckend konnten sich Laserlampen noch nicht durchsetzen. Das liegt zum einem an dem intensiven, gerichteten Licht des Laserstrahls. Zum anderen ist Laserlicht monochromatisch, es besteht also aus nur einer Wellenlänge. Das führt zu einem unangenehmen Flackern, wenn ein Laserstrahl von einer Oberfläche reflektiert wird.
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1630400/1630481/original.jpg)
Moderne Lichtquellen
Leuchtgläser als Lampe der Zukunft?
Wie aus hartem Laserlicht angenehme Beleuchtung wird
„Bisherige Entwicklungen zum Laserlicht arbeiten normalerweise mit Leuchtstoffen, so genannten Phosphoren. Sie erzeugen allerdings ein relativ kaltes Licht, sind nicht langzeitstabil und wenig effizient“, sagt Professor Rainer Adelung, Leiter der CAU-Arbeitsgruppe „Funktionale Nanomaterialien“. Das Kieler Team setzt daher auf einen anderen Ansatz: Sie entwickelten eine stark streuende Nanostruktur aus Bornitrid, das auch als ,,weißes Graphen“ bezeichnet wird und extrem wenig Licht absorbiert. Diese Struktur besteht aus einem filigranen Netz unzähliger feiner Hohlröhren von wenigen Mikrometern. Trifft ein Laserstrahl darauf, wird er im Inneren der Struktur extrem stark gestreut und homogenes Licht wird abgegeben. „Unser Material wirkt quasi wie ein künstlicher Nebel, der ein gleichmäßiges, angenehmes Licht erzeugt“, erklärt Erstautor Schütt. Die starke Streuung trägt außerdem dazu bei, dass störendes Flackern für das menschliche Auge nicht mehr sichtbar ist.
Die Nanostruktur sorgt nicht nur dafür, dass das Material dem intensiven Laserlicht standhält, sondern kann auch verschiedene Wellenlängen streuen. Rotes, grünes und blaues Laserlicht lässt sich so mischen, um neben normalem Weiß gezielte Farbeffekte zu kreieren – zum Beispiel für den Einsatz bei innovativen Raumbeleuchtungen. Hier könnten extrem leichtgewichtige Laserdioden in Zukunft zu ganz neuen Designkonzepten führen. „Um künftig mit LEDs konkurrieren zu können, muss allerdings auch die Effizienz von Laserdioden noch verbessert werden“, sagt der Materialforscher. Für den Schritt vom Labor in die Anwendung sucht die Arbeitsgruppe jetzt Industriepartner.
Breite Anwendungsmöglichkeiten für Aeromaterialien
Mittlerweile können die Kieler Forscher ihre Methode, hochporöse Nanostrukturen zu entwickeln, für unterschiedliche Ausgangswerkstoffe einsetzen – neben Bornitrid auch Graphen oder Graphit. Auf diese Weise entstehen immer mehr neue, leichtgewichtige Stoffe, so genannte Aeromaterialien. Zurzeit forschen die Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit Firmen und anderen Hochschulen unter anderem an der Entwicklung selbstreinigender Luftfilter für Flugzeuge.
Originalpublikation: F. Schütt, M. Zapf, S. Signetti, J. Strobel, H. Krüger, R. Röder, J. Carstensen, N. Wolff, J. Marx, T. Carey, M. Schweichel, M.-I. Terasa, L. Siebert, H.K. Hong, S. Kaps, B. Fiedler, Y.K. Mishra, Z. Lee, N.M. Pugno, L. Kienle, A.C. Ferrari, F. Torrisi, C. Ronning, R. Adelung: Conversionless efficient and broadband laser light diffusers for high brightness illumination applications, Nat. Commun., Vol 11 (2020). DOI:10.1038/s41467-020-14875-z
* J. Siekmann, Christian-Albrechts- Universität zu Kiel, 24118 Kiel
(ID:46418129)