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Magnetisch gekennzeichnet Kluger Rost gegen Produktfälschung

Redakteur: Christian Lüttmann

Barcodes sind praktisch und heute fast auf allen Produkten zu finden. Die Zukunft sieht jedoch anders aus, nämlich unsichtbar: Eine Forschergruppe der Uni Erlangen-Nürnberg hat eine Möglichkeit entwickelt, magnetische Eisenpartikel zur fälschungssicheren Kennzeichnung von Objekten einzusetzen. Dieser „kluge Rost“ soll u. a. globale Lieferketten leichter nachverfolgbar machen.

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Wie mit einem Barcodescanner, sollen auch „magnetische Etiketten“ aus Mikropartikeln leicht auszulesen sein (Symbolbild).
Wie mit einem Barcodescanner, sollen auch „magnetische Etiketten“ aus Mikropartikeln leicht auszulesen sein (Symbolbild).
(Bild: gemeinfrei, OpenClipart-Vectors / Pixabay )

Erlangen – Barcodes ordnen Produkten z. B. Verkaufspreise zu sowie Herkunft und Hersteller. Sie verschlüsseln aber auch wichtige Daten von Proben im Labor: Wann wurde die Probe erstellt, was ist enthalten und wer ist verantwortlich? Identifikatoren wie Barcodes oder auf RFID-Chips sind so zu einem wichtigen Bestandteil geworden, um Produktechtheit anzuzeigen, Lieferketten nachzuverfolgen oder Audittrails im Labor zu erfassen. Doch diese Formen der Identifikation haben ihre Grenzen, allein weil sie aufgrund ihrer Größe nicht überall eingesetzt werden können.

Die Gruppe um Prof. Karl Mandel von der Friedrich Alexander Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) hat nun einen Magnetpartikelmarker entwickelt, mit dem sich Materialien auf einfache Weise kennzeichnen lassen und der mit einem handlichen Gerät ausgelesen werden kann.

Nanobausteine zu „klugem Rost“ zusammensetzen

Die Arbeitsgruppe von Mandel arbeitet seit Längerem an speziellen Partikeln, so genannten Suprapartikeln, die sich beispielsweise aufgrund ihrer optischen oder magnetischen Eigenschaften eindeutig identifizieren lassen. Die kugelförmigen Teilchen haben einen Durchmesser von ein bis zehn Mikrometer und bestehen ihrerseits aus hunderttausenden von Bausteinen mit einem Durchmesser von jeweils nur wenigen Nanometern.

Prinzipiell sind für die Partikelherstellung alle Nanobausteine geeignet, die magnetisch sind. Die Forschenden der FAU haben sich aus ökonomischen und ökologischen Gründen für Eisenoxid entschieden. „Der kluge Rost ist kostengünstig herzustellen und ökologisch unbedenklich“, erklärt Doktorand Stephan Müssig, Promotionsstipendiat bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).

Ein Code aus Magnetismus

Richtig „klug“ wird der Rost aber erst durch die Kombination unterschiedlicher magnetischer Eigenschaften in einem Partikel. Die Arbeitsgruppe hat drei Eisenoxid-Nanobausteine ausgesucht, die sich magnetisch unterscheiden. Mithilfe des Mischungsverhältnisses der drei Bausteine lässt sich ein Identifikationscode erstellen. So besteht ein Suprapartikel-Sorte beispielsweise aus den Nanobausteinen A, B und C im Verhältnis 10 zu 10 zu 80 Prozent, während ein andere Suprapartikel-Sorte ein Verhältnis von 20 zu 30 zu 50 aufweist. Die Kombinationsmöglichkeiten sind enorm. Das Mischungsverhältnis weist dem Suprapartikel eine spezifische Eigenschaft zu, die mit einem Magnetpartikelspektrometer ausgelesen und wie bei einem Fingerprint eindeutig identifiziert werden kann.

Es existieren in der Literatur den Forschern zufolge über hundert unterscheidbare magnetische Nanopartikel-Typen, auf die bei Bedarf zurückgegriffen werden könnte. „Setzt man nur fünf unterschiedliche Nanobaustein-Typen pro Suprapartikel ein, ergeben sich etwa 77 Milliarden Codierungsvariationen in einem einzigen Partikel“, erklärt Müssig.

Unsichtbar und fälschungssicher

Die Nanobausteine ließen laut Mandels Doktorand sich in kurzer Zeit in Wasser synthetisieren und mittels Sprühtrocknung zu einem magnetisch identifizierbaren Pulver verarbeiten. Das Pulver könnte in kleinen Mengen einem Kunststoff oder Kleber beigefügt werden und damit eine Vielzahl von Materialien, Chargen oder Produktlinien kennzeichnen. Der magnetische Code sei im Vergleich zum Barcode äußerlich nicht sichtbar und könne im Nachhinein nicht mehr verändert werden, sagt Müssig.

„Magnetische Signale werden durch viele Materialien übertragen, die optische Signale nicht durchlassen“, betont der Doktorand. Schwarze Kunststoffe beispielsweise, die in vielen elektronischen Geräten verbaut sind, können mit den bisher verwendeten optischen Methoden maschinell nur schwer aussortiert und recycelt werden. Mit der magnetischen Kennzeichnung könnte sich dies ändern.

„Das Prinzip der verwendeten Magnetpartikelspektroskopie ermöglicht die Detektion sehr sensitiv, kostengünstig und mobil“, sagt Müssig. „Das Lesegerät benötigt nur den Bruchteil einer Sekunde, um das magnetische Signal der Suprapartikel auszulesen, und es besteht perspektivisch aus einer Spule, die etwa die Größe einer Münze hat.“ Ein solcher Magnetpartikelmarker könnte die Qualitätskontrolle verbessern und die Zahl der gefälschten Produkte reduzieren, die allein bei deutschen Unternehmen über 50 Milliarden Euro Schaden pro Jahr verursachen.

Originalpublikation: Stephan Müssig, Jakob Reichstein, Johannes Prieschl, Susanne Wintzheimer, Karl Mandel: A single magnetic particle with nearly unlimited encoding options, Small, 03 June 2021; DOI: 10.1002/smll.202101588

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