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Neues Level der Fluoreszenz-Lichtmikroskopie Scharfer Blick auf Proteine dank Nanoskopie

Von Dr. Carmen Rotte *

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Eine neuentwickelte Technik verbessert die Auflösung von Fluoreszenz-Lichtmikroskopie um den Faktor 100. Damit lassen sich Moleküle getrennt abbilden, die nur wenige Nanometer voneinander entfernt sind. Das Potenzial dieser Technik demonstrieren Forscher des Max-Planck-Instituts für biophysikalische Chemie mit 3D-Aufnahmen von Proteinen aus den Kraftwerken der Zellen, den Mitochondrien.

Zwei Proteine in der inneren Mitochondrienmembran sind angefärbt: Eine Untereinheit des MICOS-Komplexes leuchtet in orange, eine Untereinheit der ATP-Synthase leuchtet blau. Der Größenbalken entspricht 500 Nanometern.
Zwei Proteine in der inneren Mitochondrienmembran sind angefärbt: Eine Untereinheit des MICOS-Komplexes leuchtet in orange, eine Untereinheit der ATP-Synthase leuchtet blau. Der Größenbalken entspricht 500 Nanometern.
(Bild: Till Stephan & Jasmin Pape / Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie)

Göttingen – In der Mikroskopie herrscht ein Bestreben nach immer besserer Auflösung. Diesem ist auch der Physiker Stefan Hell nachgegangen, der mit der „Minflux-Nanoskopie“ ein neues Verfahren der Fluoreszenz-Mikroskopie entwickelt hat. Damit sind Aufnahmen in rund 100-mal besserer Qualität möglich als mit herkömmlicher Fluoreszenz-Lichtmikroskopie. Gemeinsam mit seinem Team hat Hell nun die Minflux-Nanoskopie genutzt, um neue Einblicke in den Aufbau von Proteinen zu gewinnen.

In den vergangenen Jahren haben die Forscher daran gearbeitet, fluoreszierende Moleküle in Zellen mit maximaler, molekularer Auflösung in zwei Farben und 3D mithilfe sichtbar zu machen. „Das ist uns kürzlich mithilfe von Minflux gelungen“, sagt Jasmin Pape, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Nano-Biophotonik von Hell. „Da Biologen häufig komplexere Proben analysieren, haben wir die Methode auch für diese Anforderung angepasst. Wir können jetzt selbst dicht gepackte Strukturen in Organellen von Zellen sichtbar machen und quantitativ untersuchen.“

Zur Entwicklung Minflux-Methode

Für die Minflux-Nanoskopie hatte Stefan Hell die Stärken der beiden bis dato hochauflösendsten Fluoreszenz-Nanoskopie-Techniken zusammengeführt: Palm/Storm und das von ihm entwickelte Sted-Verfahren, für das der Physiker 2014 den Nobelpreis für Chemie erhielt. Die 2016 vorgestellte Minflux-Methode erreicht erstmals eine Trennschärfe von wenigen Nanometern und verfolgt Biomoleküle, die sich in der Zelle bewegen, bis zu hundertmal schneller als herkömmliche Geräte. Die Technik hat Hells Team seitdem für die biologische Anwendung optimiert.

Auflösung ist nicht länger der limitierende Faktor

Minflux hat den Praxistest erfolgreich gemeistert. Mit der neuen Technik haben die Forscher in den Kraftwerken der Zelle, den Mitochondrien, eine Auflösung von nur wenigen Nanometern erreicht. Dies ist nach Aussage der Wissenschaftler die höchste Auflösung an komplexen intrazellulären Strukturen, die in 3D je erreicht wurde.

Die Auflösung der neuen Nanoskopie-Technik ist so gut, dass sich damit jeder Fehler bei der Probenvorbereitung unter dem Mikroskop sofort erkennen lassen soll. „Damit werden die Probenvorbereitung und das Markieren zum limitierenden Faktor – und nicht mehr wie bisher die Auflösung der Mikroskopie“, sagt Till Stephan, wissenschaftlicher Mitarbeiter von Jakobs. „Entscheidend für eine gute Mikroskopie-Aufnahme ist, wie gut wir die Struktur, die wir untersuchen wollen, während der Probenvorbereitung erhalten können und wie nahe wir den Farbstoffmarker an die Zielproteine anheften können.“

Die Kraftwerke der Zellen im Fokus

Mithilfe der Minflux-Mikroskopie gelang es einem Team um Stefan Jakobs, Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut (MPI) für biophysikalische Chemie, neue Einsichten in die Struktur und Funktion von Mitochondrien zu erhalten. Die molekularen Kraftwerke liefern die nötige Energie, um den Stoffwechsel unserer Körperzellen in Gang zu halten. Dazu besitzen sie einen einzigartigen Aufbau aus einer glatten äußeren und einer fingerförmig eingefalteten inneren Membran.

In den inneren Einstülpungen der Membran, den Cristae, sitzt die Proteinmaschinerie der Mitochondrien, die im menschlichen Körper pro Tag etwa 75 Kilogramm des Energiespeichermoleküls ATP liefert. Wo Cristae auf die innere Grenzmembran treffen – an den sogenannten Crista Junctions – ist eine weitere wichtige molekulare Maschinerie namens Micos am Werk. Micos besteht aus mehreren Proteinen, die gemeinsam die innere Membran der Mitochondrien in die richtige Form biegen.

Animation einer Minflux-Nanoskopie-Aufnahme: Zu sehen ist ein Mitochondrium aus einer Hautzelle. Eine Untereinheit des Micos-Komplexes ist in orange angefärbt, eine Untereinheit der ATP-Synthase in blau. (Quelle: Till Stephan & Jasmin Pape / Max-Planck-institut für biophysikalische Chemie)

Neue molekulare Details in Mitochondrien

Unter dem Minflux-Nanoskop entdeckte das Team um Jakobs jetzt neue Details der Crista Junctions. „Unsere Aufnahmen legen nahe, dass sich die Micos-Proteine um die Crista Junctions äußerst heterogen verteilen“, sagt der Biologe. Seine Gruppe wird mithilfe der Minflux-Nanoskopie untersuchen, wie das Zusammenspiel der Micos-Schlüsselproteine gesteuert wird. Da viele Erkrankungen des Nervensystems und des Muskelapparats mit einer gestörten Mitochondrienarchitektur einhergehen, können neue Erkenntnisse dazu beitragen, besser zu verstehen, wie derartige Krankheiten entstehen.

Originalpublikation: Jasmin K. Pape, Till Stephan, Francisco Balzarotti, Rebecca Büchner, Felix Lange, Dietmar Riedel, Stefan Jakobs, Stefan W. Hell: Multicolor 3D MINFLUX nanoscopy of mitochondrial MICOS proteins, Proceedings of the National Academy of Sciences USA, 11. August 2020, DOI: 10.1073/pnas.2009364117

* Dr. C. Rotte,Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, 37077 Göttingen

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