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Materialforschung Struktur von atmender Keramik untersucht

Autor / Redakteur: Angela Wenzik* / Christian Lüttmann

Eine spezielle Oxidkeramik nimmt Sauerstoff auf wie ein Schwamm – und kann ihn kontrolliert wieder abgeben. Wie sich dabei die Struktur des Materials verändert, haben nun Wissenschaftler am Forschungszentrum Jülich aufgeklärt. Die sauerstoffabhängige elektrische Leitfähigkeit der Keramik macht das Material unter anderem für die Computertechnologie interessant.

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Die Struktur von Lanthan-Strontium-Manganat verändert sich mit dem Sauerstoffgehalt.
Die Struktur von Lanthan-Strontium-Manganat verändert sich mit dem Sauerstoffgehalt.
(Bild: Forschungszentrum Jülich)

Jülich – Moderne Technik kommt nicht ohne Materialien mit genau definierten physikalischen Eigenschaften aus. Eine neue Möglichkeit für gezieltes und dabei reversibles Materialdesign mithilfe von Sauerstoff stellten nun Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich vor. Die von ihnen untersuchte Keramik kann Sauerstoff aufnehmen, speichern und wieder abgeben, so ähnlich wie ein Schwamm Wasser. Dabei wechselt die kristalline Substanz zwischen elektrisch leitend und isolierend. Gleichzeitig verändern sich auch ihre magnetischen Eigenschaften. Mögliche Einsatzzwecke sehen die Forscher in Computerspeichern, Sensoren und Katalysatoren.

Änderungen in der Kristallstruktur verfolgt

Bei der in Jülich untersuchten Keramik handelt es sich um Lanthan-Strontium-Manganat, (La,Sr)MnO3, kurz LSMO. Dies ist eine so genannte Oxidkeramik, die bereits in Hochtempertatur-Brennstoffzellen eingesetzt wird. Dass Sauerstoffaufnahme ihre elektrische Leitfähigkeit beeinflusst, war bereits vor den Untersuchungen der Jülicher Forscher bekannt. Jedoch gelang es ihnen erstmals, die mit der Sauerstoffaufnahme und -abgabe einhergehenden Veränderungen der Kristallstruktur sowie der elektrischen und magnetischen Eigenschaften Schritt für Schritt nachzuweisen und damit eine Grundlage für besseres Materialdesign zu schaffen.

Elektrische Leitfähigkeit über Sauerstoffgehalt steuern

Üblicherweise werden Halbleitermaterialien über den Prozess der Dotierung optimiert. Dabei lässt sich die elektrische Leitfähigkeit durch Zugabe von Fremdatomen in das Kristallgitter gezielt einstellen. Diese Feinjustierung des Halbleitermaterials ist dann allerdings permanent.

Im Gegensatz dazu ist der Prozess bei LSMO-Keramik reversibel: Der Sauerstoffgehalt kann, etwa durch Erhitzen, immer wieder verändert werden. „Damit eröffnet sich eine Möglichkeit, die Eigenschaften eines technisch interessanten Materials gezielt zu variieren“, sagt Dr. Oleg Petracic, Physiker am Jülich Centre for Neutron Science (JCNS).

Die Struktur der Oxidkeramik untersuchten die Wissenschaftler mittels Röntgenbeugung. Dabei entdeckten sie auch eine bisher nicht bekannte Kristallstruktur im Übergang zwischen den beiden Zuständen, die einen neuartigen Kristallübergang nahelegt. Informationen über den Sauerstoffgehalt und magnetische Eigenschaften gewannen sie mittels polarisierter Neutronenstreuung am Magnetismus-Reflektometer MARIA, einem Instrument, das das JCNS an seiner Außenstelle am Heinz Maier-Leibnitz Zentrum in Garching betreibt.

Originalpublikation: Lei Cao et al.: Reversible Control of Physical Properties via Oxygen Vacancy-driven Topotactic Transition in Epitaxial La0.7Sr0.3MnO3-δ Thin Films. Advanced Materials 2018, 1806183 (2018); DOI: 10.1002/adma.201806183

* A. Wenzik, Forschungszentrum Jülich, 52428 Jülich

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