Mögliche Vorteile regelmäßigen Alkoholkonsums Studie: Alkohol in Maßen gut für's Immunsystem?
Alkoholkonsum – v.a. übermäßiger – gilt als ungesund und als Risikofaktor für zahlreiche Erkrankungen, beispielsweise Krebs. Doch es mehren sich Studien, die in einem moderaten, regelmäßigen Alkoholgenuss auch mögliche gesundheitliche Vorteile sehen, v.a. im Hinblick auf das Immunsystem. Nun haben Erlanger Forscher herausgefunden, wie genau Alkohol unser Immunsystem beeinflusst.
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Erlangen – Übermäßiger Alkoholkonsum ist ungesund. V.a. das Krebsrisiko nimmt durch zu viel Alkohol offenbar zu. Vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg heißt es dazu: „Zwischen Alkoholkonsum und dem Risiko für das Auftreten verschiedener Krebserkrankungen besteht eine deutliche DosisWirkungBeziehung“.
Moderate Mengen von Alkohol können sich aber unter Umständen auch günstig auf die Gesundheit auswirken. In einer gerade in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichten Arbeit zeigt ein Forschungsteam um Prof. Dr. Mario Zaiss vom Lehrstuhl für Innere Medizin III der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), dass Alkohol das Immunsystem in einer sehr spezifischen Art und Weise moduliert und dabei die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen hemmt.
Moderater Alkoholkonsum beeinflusst fehlerhafte Immunreaktionen günstig
In der medizinischen Fachliteratur gibt es zahlreiche Hinweise, dass Alkohol ein gestörtes Immunsystem günstig beeinflussen kann:
- Bereits 1995 wurde berichtet, dass bei PatientInnen mit einer transplantierten Leber, die einen moderaten Alkoholkonsum aufweisen, das Risiko einer Abstoßungsreaktion deutlich geringer ist als bei abstinenten Personen.
- Darüber hinaus haben mehrere große epidemiologische Studien gezeigt, dass regelmäßiger Alkoholkonsum das Risiko für die Entwicklung von Gelenkrheuma, also rheumatoide Arthritis, als auch von Multipler Sklerose senkt.
Beide Erkrankungen sind Autoimmunerkrankungen, bei denen das Immunsystem das körpereigene Gewebe angreift und zerstört. Ein wichtiger Faktor in diesem Prozess sind spezielle Immunzellen, die follikulären T-Helferzellen, die in den Lymphknoten und im entzündlichen Gewebe sitzen und Autoimmunreaktionen auslösen.
Wie Alkohol auf das Immunsystem wirkt
In der Arbeit konnte das Team nun erstmals zeigen, wie Alkohol überschießende Immunreaktionen hemmt, die zu Autoimmunerkrankungen wie Gelenkrheuma und Multiple Sklerose führen. Alkohol wird im Körper zum Wirkstoff Acetat abgebaut, welcher die Funktion follikulärer T-Helferzellen und somit Autoimmunkrankheiten hemmt. Dabei reagieren follikuläre T-Helferzellen offensichtlich sehr empfindlich auf Acetat, welches den Stoffwechsel dieser Zellen nachhaltig verändert und die Produktion des Immunbotenstoffes Interleukin-21 unterdrückt.
Die negativen Effekte von Alkohol stets im Auge behalten
Alkohol in moderaten Mengen wirkt damit nicht generell immunsuppressiv, sondern vielmehr sehr spezifisch auf eine Sorte von Immunzellen, die als Schaltstelle für das erworbene Immunsystem gilt. Prof. Zaiss gibt jedoch zu bedenken: „Die negativen Effekte übermäßigen Alkoholkonsums sollten auch im Lichte dieser Daten nichtsdestotrotz immer bedacht werden, auch wenn moderater Alkoholgenuss positive gesundheitliche Effekte zeigen und gerade bei Autoimmunerkrankungen einen therapeutischen Immuntoleranzeffekt erzeugen kann.“
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Studie mit über 60.000 japanischen Krebspatienten
Ein Bier am Tag kann das Krebsrisiko erhöhen
Dieser Effekt dürfte insbesondere für die klinische Beobachtung verantwortlich sein, dass bei jenen PatientInnen mit rheumatoider Arthritis, die regelmäßig Alkohol konsumieren, deutlich seltener Erkrankungsschübe auftreten.
Die Arbeit entstand im Rahmen der Forschergruppe Pandora sowie des Sonderforschungsbereich SFB1181 „Schaltstellen zur Auflösung von Entzündung“ an der FAU, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt werden. Die beteiligten WissenschaftlerInnen sind Teil des Deutschen Zentrums Immuntherapie (DZI) am Universitätsklinikum Erlangen der FAU.
Originalpublikation: Azizov, V., Dietel, K., Steffen, F. et al. Ethanol consumption inhibits TFH cell responses and the development of autoimmune arthritis. Nat Commun 11, 1998 (2020). https://doi.org/10.1038/s41467-020-15855-z
* Dr. S. Langer: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 91054 Erlangen
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