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Schwefeldioxid Synthesegase im Labormaßstab selbst erzeugen

Autor / Redakteur: Ulrich Lampe*, Florian Szillat* und Helmut Ritter* / Dipl.-Chem. Marc Platthaus

Der Einsatz von Gasen in der Synthese chemischer Verbindungen spielt nicht nur in der technischen Produktion eine Rolle, sondern auch im Labormaßstab benötigt man solche Synthesegase. Lesen Sie, wie die Mikrowellentechnik dabei hilft, die richtige Gasmenge herzustellen.

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Abb.1: Laborapparatur zur Erzeugung von Schwefeldioxid in der Mikrowelle und direkter Weiterleitung des Gases in ein mit Myrcen gefülltes Reaktionsgefäß
Abb.1: Laborapparatur zur Erzeugung von Schwefeldioxid in der Mikrowelle und direkter Weiterleitung des Gases in ein mit Myrcen gefülltes Reaktionsgefäß
(Bild: Uni Düsseldorf)

Gerade im Labormaßstab ist der Einsatz von Gasen zur Synthese mit einem hohen Aufwand verbunden und wird daher wenn möglich vermieden. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass meist nur geringe Mengen des jeweiligen Synthesegases benötigt werden und somit die Anschaffung und Lagerung von entsprechenden Druckflaschen einen eher unverhältnismäßigen Aufwand darstellen. Als Alternative bietet sich die Zersetzung oder Umsetzung von Feststoffen zu den gewünschten Gasen an, da hierbei die notwendigen Edukte meist einfach zu lagern und handhaben sind. Weitere Vorteile ergeben sich durch den Einsatz moderner Mikrowellentechnik, da hierdurch insbesondere thermische Zersetzungen sicher und energieeffizient durchgeführt werden können. Dieses Verfahren konnten wir bereits an der Zersetzung von Natriumhydrogencarbonat zu Kohlenstoffdioxid demonstrieren [1].

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Ebenso ist die hier gezeigte Erzeugung von Schwefeldioxid durch mikrowelleninduzierte Zersetzung von Natriumdisulfit möglich. Die Nutzung des so gewonnen Schwefeldioxides kann beispielsweise als Comonomer in Polydiensulfonen oder durch den Einsatz als Schutzgruppe für Diene mittels [4+1]-Cycloadditionen genutzt werden.

Arbeit ohne Wasser möglich

Die konventionelle Erzeugung von Schwefeldioxid im Labormaßstab erfolgt mittels Kipp’scher Apparatur durch die Umsetzung von Natriumsulfit mit einer starken Säure, wie z.B. Schwefelsäure. Für die Herstellung mittels moderner Mikrowellentechnik eignet sich dagegen Natriumdisulfit, da hier die thermische Zersetzung schon bei moderaten Temperaturen induziert wird. Ein bedeutender Vorteil der Mikrowellen-Variante ist zudem die Möglichkeit unter Ausschluss von Wasser zu arbeiten und so auch empfindliche Reaktionen durchführen zu können. Dies ist bei der Säure-basierten Variante nicht möglich, da zum einen die Reaktion selbst Wasser freisetzt und zum anderen auch die Säure immer einen gewissen Anteil Wasser enthält. Durch die Zugabe eines hochsiedenden Lösemittels kann weiterhin die Wärmeverteilung im Mikrowellengefäß verbessert werden. Der Nachweis des hergestellten Schwefeldioxides konnte durch die Entfärbung von Iod-Stärke-Papier erbracht werden (s. Abb. 2).

Das so gewonnene Schwefeldioxid kann beispielsweise in der Synthese von Myrcenol – einem Duftstoff mit zitrusartigem Geruch – eingesetzt werden. Hierbei agiert es als Schutzgruppe, da es im Rahmen einer [4+1]-Cycloaddition mit der Dien-Funktion von Myrcen zu einem cyclischen Sulfon reagiert und somit bei der weiteren Umsetzung mit wässriger Schwefelsäure das Auftreten von Nebenprodukten vermindert. Die Abspaltung der Schutzgruppe kann abschließend durch eine Retro-Diels-Alder-Reaktion erfolgen, wodurch das erwünschte Myrcenol erhalten werden kann [2].

Eine weitere Anwendung besteht in der Copolymerisation von Dienen mit Schwefeldioxid. Die dabei gebildeten Poly(diensulfone) depolymerisieren im Gegensatz zu Poly(vinylsulfonen) erst bei erhöhten Temperaturen und stellen somit eine interessante Alternative im Bereich der Polysulfone dar. Die Stabilität der so erhaltenen Polymere lässt sich weiter verbessern, indem die Doppelbindung im Polymerrückgrat hydriert wird und somit die thermisch induzierte Depolymerisation verhindert wird. In Abbildung 3 ist die Copolymerisation von Isopren mit Schwefeldioxid dargestellt. Das so gewonnene Poly(isopren-sulfon) zeichnet sich durch eine hohe Beständigkeit gegenüber Lösemitteln (Chloroform, Tetrahydrofuran, Aceton und weitere) aus [3].

Zusammenfassung

Die Bereitstellung von Schwefeldioxid mittels moderner Mikrowellentechnik bietet im Bereich der Laborsynthesen somit viele nützliche Vorteile. Insbesondere die Echtzeitsteuerung der Zersetzungsreaktion von einfach zu handhabenden Feststoffen und die Möglichkeit, unter Ausschluss von Wasser arbeiten zu können, zeichnen dieses Verfahren aus. Am Beispiel der Myrcenol-Synthese und dem Einsatz von Schwefeldioxid als Comonomer kann gezeigt, welche vielseitigen Einsatzmöglichkeiten sich für Mikrowellensysteme ergeben.

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