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Alarmierende Studie zu Folgen von Luftverschmutzung Tödliche Luft – wie viele Leben kostet Feinstaub?

Redakteur: Christian Lüttmann

Selbst wann man ihn nicht sieht, ist er da: Feinstaub. Die mikroskopisch kleinen Partikel gelangen tief in unsere Lunge. Atemwegsinfektionen und andere Krankheiten sind die Folge. Welches Ausmaß die Feinstaubbelastung hat und wie im Besonderen die Sterblichkeit von Kindern durch Luftverschmutzung steigt, zeigt eine neue Studie vom Max-Planck-Institut für Chemie und der London School of Hygiene & Tropical Medicine.

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Eine Karte zeigt die Todesfälle, die auf Luftverschmutzung zurückzuführen sind: je dunkler orange ein Bereich, desto mehr Feinstaubopfer.
Eine Karte zeigt die Todesfälle, die auf Luftverschmutzung zurückzuführen sind: je dunkler orange ein Bereich, desto mehr Feinstaubopfer.
(Bild: MPI für Chemie, 3D Ansicht erstellt durch LABORPRAXIS)

Mainz – Wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) meldete, starben 2015 rund eine Million Kleinkinder unter fünf Jahren an Infektionen der unteren Atemwege. Feinstaub mit Partikeln kleiner als 2,5 Mikrometern (PM2,5) spielte dabei eine entscheidende Rolle. Die Partikel dringen tief in die Atemwege ein, wo sie bei Kindern vor allem Entzündungen verursachen können. Bei Erwachsenen kommen ischämische Herzerkrankungen (Herzattacken), zerebrovaskuläre Erkrankungen (Hirnschläge) und Lungenkrebs dazu.

Die Konzentration von Feinstaub, denen Menschen auf der Welt im Schnitt ausgesetzt sind, ist zwischen den Jahren 2000 und 2015 von etwa 40 auf 44 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gestiegen. Das liegt mehr als das Vierfache über der Konzentration von 10 Mikrogramm, die von der WHO als Grenzwert empfohlen wird. Zudem trägt das Gas Ozon zu gesundheitlichen Auswirkungen auf die Atemwege bei.

Die Herkunft des Feinstaubs ist von Land zu Land unterschiedlich: So überwiegt in Indien die Verbrennung von festen Brennstoffen zum Kochen und Heizen, während in den USA Kraftwerke, Verkehr und Landwirtschaft als größte Quellen gelten. In Zusammenarbeit mit der London School of Hygiene & Tropical Medicine haben Forscher vom Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie die Gefahr durch Feinstaub in der Umgebungsluft genauer untersucht.

122 Millionen Lebensjahre durch Feinstaub verloren

Die jeweilige Belastung durch Feinstaub und Ozon haben die Autoren Jos Lelieveld, Andy Haines und Andrea Pozzer mit einem etablierten globalen Atmosphärenchemiemodell ermittelt. Diese Werte verknüpften sie mit Daten über die Bevölkerungsstrukturen sowie Krankheiten und Todesursachen in den einzelnen Ländern. So kamen sie für das Jahr 2015 auf weltweit 270.000 vorzeitige Todesfälle durch Ozon und 4,28 Millionen Opfer von Feinstaub.

Jährlich verlieren etwa 4,5 Millionen Menschen ihr Leben durch verschmutzte Außenluft. Die Grafik zeigt die Sterberate pro 1.000 Quadratkilometer und Jahr.
Jährlich verlieren etwa 4,5 Millionen Menschen ihr Leben durch verschmutzte Außenluft. Die Grafik zeigt die Sterberate pro 1.000 Quadratkilometer und Jahr.
(Bild: MPI für Chemie)

Mit insgesamt mehr als 4,5 Millionen führt das Team um Lelieveld jetzt noch einmal deutlich mehr vorzeitige Tode auf Feinstaub und Ozon zurück als in einer ähnlichen Studie aus dem Jahr 2015. Damals bezifferten die Forscher die frühzeitigen Sterbefälle durch Luftverschmutzung auf 3,3 Millionen. Dass die neuen Zahlen das schon damals alarmierende Resultat bei Weitem übersteigen, begründen die Wissenschaftler mit genaueren Daten epidemiologischer Studien, die ihnen nun zur Verfügung standen.

Die Krankheiten, die letztlich zum Tod führten, waren bei 727.000 Menschen Entzündungen der tiefen Atemwege, bei 1,09 Millionen chronische Lungenerkrankungen, bei 920.000 zerebrovaskuläre Erkrankungen, bei 1,5 Millionen Herzerkrankungen und bei 304.000 Lungenkrebs. Durch frühzeitigen Tod gingen der Menschheit in 2015 nach diesen Berechnungen 122 Millionen Lebensjahre verloren. „Die ermittelten Zahlen sind vorsichtig geschätzt, weil wir weitere Krankheiten, die ebenfalls mit der Luftverschmutzung im Zusammenhang stehen könnten, nicht berücksichtigt haben“, sagt Lelieveld, der als Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie tätig ist.

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