Desinfektions-Nebenprodukte Trinkwasser: Schnelle Bestimmung von unerwünschten Halogenessigsäuren
Halogenessigsäuren stehen im Verdacht krebserregend zu sein. Im Trinkwasser entstehen sie wenn anthropogenes Bromid und Iodid mit Chlor enthaltenden Desinfektionsmitteln reagieren. Ein Ionenchromatographie-basiertes Verfahren analysiert schnell und einfach neun repräsentative Vertreter (9HAA) – und lässt sich dabei automatisieren.
Anbieter zum Thema

Nicht nur im Schwimmbad auch in der Prozessindustrie oder der Trinkwasseraufbereitung muss Wasser desinfiziert werden. Potenziell krankmachende Bakterien will man so eliminieren. Kommt dabei Chlor zum Einsatz können als Nebenprodukte Halogenessigsäuren (HAA) entstehen – sie stehen ihrerseits in Diskussion gesundheitsgefährdend zu sein. Ein Dilemma? In jedem Fall guter Grund, genau hinzusehen. Halogenessigsäuren stehen derzeit im Fokus der modernen Wasseranalytik. Entwicklungen bei den Trinkwasserrichtlinien tragen dazu ebenso bei wie aktuelle Vorschläge aus Analyselaboren. Zwar gibt es etablierte Verfahren, doch kann man sie vereinfachen, gar beschleunigen?
Trinkwasserrichtlinie: 1,6 Mio. Europäer fordern saubereres Trinkwasser
Die Europäische Kommission hat im Februar 2018 eine Überarbeitung der Trinkwasserrichtlinie vorgeschlagen [1]. Sie reagierte damit auch auf die von 1,6 Mio. Europäern unterstützte Bürgerinitiative „Right2Water“. Im Zuge dessen wurde auch die Liste der Parameter deutlich erweitert, die einzuhalten ist, damit Trinkwasser als sauber gilt.
Die erweiterte Liste enthält 18 neue oder überarbeitete Einträge, darunter Chlorat und Halogenessigsäuren (Haloacetic acids HAA) [2]. Im eingespeisten Wasser enthaltene organische Moleküle, sowie natürlich enthaltenes oder anthropogenes Bromid und Iodid reagieren mit chlorenthaltenden Desinfektionschemikalien zu halogenierten Intermediaten, aus denen die HAA als Desinfektionsnebenprodukte entstehen. In einer HAA-Studie klassierten sowohl das U.S. Department of Health and Human Services [3] als auch an anderer Stelle weitere Autoren [4 - 7] die vorliegenden wissenschaftlichen Daten als nicht ausreichend, um einen sicheren Zusammenhang zwischen Krebs beim Menschen und einzelnen HAA, Untergruppen oder der Gesamtheit der HAA, herzustellen. Studien über Nebenprodukte der Wasserdesinfektion deuten jedoch auf ein potenzielles Krebsrisiko durch chloriertes Wasser hin und unterstreichen die Relevanz der (in höheren Dosen durchgeführten) Tierkrebsstudien für den Menschen [3].
Entsprechend führt der EU-Vorschlag im Annex zu [1] neun repräsentative HAA (9HAA) auf, deren Summengehalt 80 µg/L nicht überschreiten darf: Monochlor- (MCAA), Dichlor- (DCAA) und Trichloressigsäure (TCAA), Mono- (MBAA) und Dibromessigsäure (DBAA), Bromochloressigsäure (BCAA), Bromdichloressigsäure (BDCAA), Dibromchloressigsäure (DBCAA) und Tribromessigsäure (TBAA).
Halogenessigsäuren: Analytik der 9HAA
Gängige gaschromatographische Verfahren beruhen auf der Flüssig-Flüssig-Extraktion und der Derivatisierung der HAA entweder mit Diazomethan [8], oder mit Methanol [9]. Zum Einsatz kommen Electron-Capture-Detektoren und MS. Diese Verfahren erfassen verifiziert fünf der neun Halogenessigsäuren, und zeichnen sich durch erhöhten Arbeits- und Zeitaufwand aus. Diazomethan ist giftig und gilt als krebserregend. In der Berichtigung zu ISO 23631 [10] wird darauf hingewiesen, dass es in Schweden nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde angewendet werden darf, da es ein lokales Gesetz als karzinogenen Luftschadstoff am Arbeitsplatz aufführt. Folglich besteht ein zunehmendes Interesse an vereinfachten analytischen Verfahren zur Bestimmung der 9HAA. Aufgrund der niedrigen pKa-Werte der HAA [11] liegt die Anwendung der Anionenaustauschchromatographie nahe.
(ID:45906203)