English China

Meilenstein Temperiertechnik Vom Rosenhut zur Peltiertemperierung

Autor / Redakteur: Ulla Reutner* / Dipl.-Chem. Marc Platthaus

Die richtige Temperatur ist für den Erfolg zahlreicher Prozesse essenziell. Die Geschichte der Temperierung in Labor und Prozess ist folgerichtig eine, in der es um immer höhere Genauigkeiten und Konstanz ging. Das Unternehmen Lauda hat sie maßgeblich mitgeprägt.

Anbieter zum Thema

Abb.1: Anfang der 60er Jahre. Die deutsche Wirtschaft läuft auf Hochtouren. Das gerade gegründete Messgeräte-Werk Lauda geht mit der ersten Produktgeneration in die Serienfertigung.
Abb.1: Anfang der 60er Jahre. Die deutsche Wirtschaft läuft auf Hochtouren. Das gerade gegründete Messgeräte-Werk Lauda geht mit der ersten Produktgeneration in die Serienfertigung.
(Bild: Lauda Dr. R. Wobser)

Lange bevor die Bedeutung der Temperierung den Anwendern in unterschiedlichsten Branchen bewusst wurde, erkannte der Urzeit-Mensch: Temperatur ist wichtig – sowohl für das Wohlbefinden als auch für die Beschaffenheit von Wasser und Nahrungsmitteln. Die erste Feuerstelle vor etwa 790 000 Jahren war der erste Meilenstein der Temperierung. Die „Regelgenauigkeit“ musste nicht sehr hoch sein, um das Überleben zu sichern. Temperiertechnik im heutigen Sinne, wenngleich rudimentär, entwickelten schon die Alchemisten, etwa für Destillationsapparaturen. Die Herstellung von höherprozentigem Alkohol soll schon dem persischen Arzt Rhazes Ende des 9. Jahrhunderts gelungen sein. In der frühen Alchemie wurden so genannte Aludel genutzt, Türme aus Ton, die ins Feuer gestellt wurden. Als erste Destilliergefäße dienten Retorten, Kolben mit einem langen, abwärts gebogenen Rohr, in dem die Substanz dank Luftkühlung kondensierte. Zur Wärmezufuhr wurde im Mittelalter jedoch zu eigenartigen Mitteln gegriffen, neben dem Wasser-, Aschen- und Sonnenbad. Gefäße wurden in gärenden Brotteig oder in faulenden Pferdedung gesetzt [1]. Zur Abkühlung des Destillats nutzte man den als Rosenhut bekannten Helm, einen wenig wirksamen Luftkühler. Eine verbesserte Version entstand durch Umhüllung des Helm-Kopfes mit einer Rindsblase mit hölzernem Ablaufhahn; so konnte er mit durchströmendem Wasser kühl gehalten werden.

Der niederländische Physiker, Chemiker und Instrumentenbauer Cornelis Drebbel (1572 – 1633) gilt als Erfinder des ersten Thermostats der Neuzeit. Er entwickelte ihn für alchemistische Öfen und Brutschränke für Hühnereier. Unter dem Brutkasten mit hohlen, wassergefüllten Wänden erhitzten die Verbrennungsgase eines Feuers die Wände. Die Wassertemperatur wurde mit einem gläsernen Temperaturfühler gemessen, bei dem ein zylindrischer Teil mit Alkohol, ein zweiter, u-förmiger mit Quecksilber gefüllt war. Durch die Wärmeausdehnung des Alkohols bewegte sich die Quecksilbersäule; ein auf dem Quecksilberspiegel liegender Schwimmstab regelte die Sauerstoffzufuhr und damit die Temperatur des Feuers [2]. Eine Konstruktion aus dem 18. Jahrhundert stammt von Francois Demachy, Direktor der Apothekenlaboratorien der Pariser Hospitäler. Sie bestand aus einer Zinn- und Kupferblase im Wasserbad, einem Kühlkopf, dem so genannten Rosenhut sowie einem Schlangenrohr zur Abkühlung.

Nach Rosenhut und Schlangenrohr: Bunsen-Thermostat

1830 gelang es Robert Wilhelm Bunsen, einen Thermostaten zu entwickeln, der bis zu 300 °C erreichte und diese Temperatur auf bis zu ±0,2 °C genau halten konnte. Das metallene Bunsen-Thermostat regulierte die Temperatur des in der Mitte angebrachten Gefäßes genau. Dazu war es an allen Seiten von Brennern umgeben, die man auf zwei dünnen Stäben hin- und herschieben und den Abstand zum Gefäß in der Mitte genau regeln konnte – und damit auch die Temperatur, die dort herrscht [3].

Mit heutigen Thermostaten (von altgriechisch thermós „warm, heiß“ und statós „stehend, eingestellt“) haben die Konstruktionen von Bunsen oder die rudimentären Wasserkühler der Alchemisten wenig Ähnlichkeit. Die drei Basismethoden waren jedoch dieselben: Gastemperierung, z.B. im Wärmeschrank mit Luft als Wärmeträger, Flüssigtemperierung mit Übertragung der Wärme über Flüssigkeit oder Feststofftemperierung, etwa unter Verwendung von Metallblockthermostaten. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts stellten Luftthermostate die gewünschte Temperatur über geregelte Warmluft ein. Das Ziel einer hohen Temperaturgenauigkeit und -stabilität erzielte man aber erst mit einem geregelten Badthermostaten, bei denen der Wärmeträger zugleich sehr beweglich ist und über hohes Wärmetransportvermögen verfügt. Schon 1913 gelang es mithilfe einer elektrischen Heizung, einer Zusatzkühlung und passendem Rührmotor, Konstanzen von 0,0001 °C zu erzielen [4].

(ID:44899333)