LC-MS/MS Werkzeug für die Bioprozessentwicklung: LC-MS/MS
Für die Untersuchung biologischer Systeme und zur Unterstützung einer effizienten Bioprozessentwicklung gewinnt die Information über die intrazellulären Metabolitkonzentrationen eine immer größere Bedeutung. Die Tandem Massenspektrometrie als sensitiver und selektiver Detektor gekoppelt mit Flüssigkeitschromatographie, kurz LC-MS/MS, erlaubt die Quantifizierung einer Vielzahl stark polarer bis ionischer Metaboliten des zentralen Kohlenstoffwechsels.
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Die Nutzung der biologischen Stoffwechselleistung der Mikroorganismen durch den Menschen hat eine lange Tradition.
Die ersten biotechnologischen Produkte wie z.B. Bier (etwa 6000 v. Chr.), Wein oder Essig waren bereits lange etabliert, bevor Antonie van Leeuwenhoek mit seinem Mikroskop über die Entdeckung der „ganz kleinen Thierchen“ berichtete.
Die Europäische Föderation Biotechnologie definierte die moderne Biotechnologie als die integrierte Anwendung von Natur- und Ingenieurwissenschaften mit der Zielsetzung, Organismen, Zellen und Teile daraus sowie molekulare Analoge technisch zu nutzen.
Biotechnologische Produktion mit fermentativen Verfahren
Die industrielle Biotechnologie („Weiße Biotechnologie“) nutzt dabei die Mikroorganismen häufig in Kombination mit der Gentechnik zur Gewinnung von Wertstoffen. Sie gewinnt aufgrund der erwarteten Verknappung fossiler Rohstoffe eine wichtige Perspektive, da die Produkte auf der Basis von nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden können. Bereits jetzt werden Fein- und Bulkchemikalien (z.B. Vitamine, Aminosäuren, Organische Säuren, Antibiotika oder Stoffe wie Bio-Ethanol) sowie Enzyme für die Waschmittel-, Lebensmittel-, Leder- und Textilindustrie mit molekularbiologisch maßgeschneiderten Mikroorganismen hergestellt. Dies kann nicht nur ein ökologischer, sondern auch ein ökonomischer Vorteil gegenüber anderen Herstellungsverfahren sein.
Die Mikroorganismen werden dazu in einem Bioreaktor bis zu hohen Biomassekonzentrationen kultiviert, wobei das Substrat (z.B. Glukose, Saccharose oder Pflanzenproteine) in das gewünschte Produkt umgewandelt wird (s. Abb. 1). Für die Wirtschaftlichkeit eines solchen Bioprozesses sind Prozessgrößen wie Ausbeute, Selektivität, Produktbildungsrate und Produktkonzentration entscheidend.
Produktionsoptimierung durch Metabolic-Engineering
Die Verbesserung der Produktbildung kann dabei sowohl durch weitere molekularbiologische Manipulation des Produktionsstammes, als auch durch eine verbesserte Prozessführung erzielt werden. Dazu ist es jedoch notwendig, ein bestimmtes Target im Stoffwechselnetzwerk zu identifizieren, mit dessen Veränderung die Produktbildung verbessert werden kann. Nach Implementation dieser Veränderung im Produktionsstamm bzw. -prozess wird der Effekt auf die Produktbildung untersucht. Diese sehr effektive Vorgehensweise wird als Metabolic-Engineering bezeichnet.
Neben der Messung von Genaktivitäten mit DNA-Chiptechnologie oder Proteinmessungen mit mehrdimensionaler Gelelektrophorese spielt die Messung der intrazellulären Metabolitkonzentrationen des zentralen Stoffwechselnetzwerks eine wichtige Rolle bei der Identifizierung von solchen Metabolic-Engineering-Targets, da die Metaboliten wichtige Informationen über die Aktivität im Stoffwechselnetzwerk enthalten.
Messung von Metaboliten mit LC-MS/MS zur Bioprozessentwicklung
Zusammen mit den zugehörigen Nukleotiden kann man die StoffwechselwegeGlykolyse, Pentosephosphatweg und Zitronensäurezyklus zum Zentralstoffwechselnetzwerk zusammenfassen. Die analytische Herausforderung bei der Analyse all dieser Metaboliten in einem einzigen Analysenlauf ist einerseits ihre chemische Diversität (z.B. phosphorylierte Zucker, Mono-, Di-, Tricarbonsäuren, Heteroaromaten), andererseits ihre zum Teil hohe strukturelle und stereochemische Ähnlichkeit (z.B. Glukose-6-phosphat und Fruktose-6-phosphat, Citrat und Iso-Citrat) (s. Abb. 2). Zusätzlich sind viele der Metaboliten nur sehr schwach UV-aktiv (z.B. Zuckerphosphate), sodass die Nutzung dieses vielfach eingesetzten Detektortyps nicht möglich ist. Alternative LC-Detektoren leiden ebenfalls unter mangelnder Empfindlichkeit, einer hohen Anfälligkeit gegenüber der komplexen biologischen Probenmatrix und einer unzureichenden Selektivität in der spezifischen Detektion der Metaboliten.
Mit dem Einsatz eines Triple-Quadrupol-Massenspektrometers mit Elektrosprayionisierung können eine Reihe der entscheidenden Herausforderungen überwunden werden (s. Abb. 3). Im Vergleich zur einfachen MS-Messung verfügt die MS/MS-Analyse über eine verbesserte Empfindlichkeit und erlaubt die Quantifizierung im nanomolaren Bereich (nM). Gleichzeitig verbessert sich die Selektivität für potenziell coeluierende Metaboliten durch die Nutzung unterschiedlicher MS/MS-Übergänge (z.B. Citrat/Iso-Citrat). Durch die Kopplung mit der LC und einem optimierten Elutionsprofil gelingt auch die weitere Separation von strukturell sehr ähnlichen Metaboliten wie z.B. Glukose-6-phosphat und Fruktose-6-phosphat. Diese chromatographische Trennung wird dabei durch den Einsatz von Ionenpaarchromatographie mit Tributylamin als flüchtigem Ionenpaarreagenz ermöglicht und erlaubt die simultane Messung von mehr als 30 Metaboliten des Zentralstoffwechsels mit LC-MS/MS in einem analytischen Lauf von 90 Minuten [1].
Die Zellextraktion mit anschließender Chromatographie
Die Gewinnung einer repräsentativen Probe für Metabolomuntersuchungen ist aufwändiger als für vergleichbare Untersuchungen im Transkriptom- oder Proteom-Bereich. Aufgrund der hohen intrazellulären Reaktionsgeschwindigkeiten können sich die Konzentrationen der Zentralstoffwechselmetaboliten im Subsekundenbereich signifikant ändern. Daher sollte direkt bei der Probenahme der zelluläre Stoffwechsel gestoppt werden und die weitere Probenaufarbeitung bei -20 °C erfolgen. Das Abkühlen bei der Probenahme wird dabei als Metabolic-Quenching bezeichnet und kann z.B. durch direkte Injektion des zellhaltigen Materials in eine -50 °C kalte Methanol/Wasser-Mischung erfolgen. Dabei geht jedoch ein Teil der intrazellulären Metaboliten durch Leckage-Verluste verloren. Bei der weiteren Probenvorbereitung werden die Zellen mittels Zentrifugation separiert und der wässrig-organische Überstand abgenommen. Die folgende Zellextraktion geschieht dann nach Zugabe eines Methanol/Wasser-Puffers mit Chloroform als Extraktionsreagenz, wobei die polaren Metaboliten in der wässrigen Phase verbleiben. Durch die Wahl von Tributylamin als flüchtigem Ionenpaarreagenz wird ein guter Kompromiss zwischen Retention und Gesamtdauer der LC-Methode erreicht. Längerkettige, hydrophobere Amine verursachen für viele Metaboliten eine zu starke Retention und Schwierigkeiten bei der Elution von dem C18-Umkehrphasenmaterial, wogegen kürzerkettige Amine mit geringerem Retentionsverhalten die isomeren Metaboliten wie Glukose-6-phosphat und Fruktose-6-phosphat nicht mehr auflösen können. Für die chromatographische Trennung wurde eine Synergi-Hydro-RP-Säule (Phenomenex, 150 mm x 2,1 mm I.D., 4 µm, 80 Å) mit einem Fluss von 0,2 mL/min und 10 µL Injektionsvolumen verwendet. Gute Separation der Metaboliten wurde mit Gradientenelution mit Methanol beobachtet [1]. Die LC-MS/MS-Analytik für die Metaboliten läuft im FZ-Jülich-Labor auf einer Agilent- HPLC-1200 gekoppelt mit einem API4000-Massenspektrometer von Applied Biosystems (s. Abb. 3). Das MS arbeitet mit negativer Ionisierung im Selected-Reaction-Monitoring-Modus und zeichnet für die Metaboliten charakteristische MS/MS-Übergänge für die intensivsten Fragmentierungsreaktionen der Komponenten auf (s. Abb. 4). Diese Übergänge wurden im Vorfeld ausgewählt und optimiert. Zur Verbesserung der Empfindlichkeit der MS-Messung ist die Multikomponentenmethode in zeitliche Segmente unterteilt und nur die jeweils notwendigen MS/MS-Massenspuren werden pro Zeitsegment gemessen.
Schnellere Messung mit weniger Metaboliten möglich
Die zukünftigen Entwicklungen der LC-MS/MS-Methode werden auf eine Beschleunigung der Analysenzeiten abzielen. Dies könnte zum Beispiel durch eine Verkleinerung des zu messenden Metabolitspektrums oder durch Zusammenfassung der schwer zu trennenden Isomerenverbindungen erfolgen. Kann auf eine Trennung der Strukturisomeren wie Glukose-6-phosphat und Fruktose-6-phosphat zugunsten eines Gesamtpools verzichtet werden, so lassen sich die Elutionsprofile stark beschleunigen. Die Trennung der Isomeren ist ausschlaggebend für die langen Analysenzeiten, da sie aufgrund der identischen MS/MS-Fragmentmuster durch das MS nicht zu unterscheiden sind. Bei der Auswahl eines Metabolitenspektrums, das bereits vollständig durch das MS unterschieden werden kann, kann der Elutionsgradient stark beschleunigt werden und die Gesamtanalysenzeit sinkt erheblich.
Die LC-MS/MS-Methode wurde am Beispiel der Untersuchung von mikrobiellen Systemen entwickelt und eingesetzt, allerdings konnte sie bereits erfolgreich auch für höhere Zellen in Zellkultur und für die Metabolitbestimmung in Gewebehomogenaten eingesetzt werden.
Literatur:
[1] Luo B., Groenke K., Takors R., Wandrey C., Oldiges M. (2007): Simultaneous Determination of Multiple Intracellular Metabolites in Glycolysis, Pentose Phosphate Pathway and Tricarboxylic Acid Cycle by Liquid Chromatography-Mass Spectrometry. Journal of Chromatography A 1147: 153-164
*Forschungszentrum Jülich GmbH, Institut für Biotechnologie 2, 52425 Jülich
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