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Problem und Lösung zugleich Wie geht Nachhaltigkeit in den Life Sciences?

Von Dr. Kerstin Hermuth-Kleinschmidt* & Heiner Weigand

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Das langsame Ende der Corona-Pandemie scheint in greifbare Nähe zu rücken. Ganz ohne Frage ein Verdienst der Life Sciences. Doch auch die Klima-Krise mit potenziell ebenso dramatischen Auswirkungen ist noch da, auch wenn sie in der Öffentlichkeit gerade Pause macht. Und – auch in Sachen Nachhaltigkeit kommt den (ressourcenintensiven) Life Sciences eine zentrale Rolle zu.

Abb. 1 Die Life-Sciences-Branche ist sehr ressourcenintensiv...
Abb. 1 Die Life-Sciences-Branche ist sehr ressourcenintensiv...
(Bild: ©sola_sola - stock.adobe.com)

Die aktuelle Corona-Krise hat den Life Sciences- und Pharma-Sektor in den Fokus gerückt: noch nie war die Impfstoffentwicklung so schnell, Covid-Tests sind in verschiedenen Varianten verfügbar und global wurde in Forschung und Entwicklung eng zusammengearbeitet. In den letzten Monaten wurde deutlich, welch große Bedeutung dieser Wirtschaftsbereich hat – Labore, Forschungseinrichtungen und nicht zuletzt das Gesundheitswesen leisten derzeit wichtige Arbeit.

Auf der anderen Seite deutete sich bereits vor Covid an, dass diese Branche auch in Sachen Nachhaltigkeit mehr in den Fokus rückt. Der hohe Bedarf an Einmal-Materialien wie Handschuhen oder Pipettenspitzen sei hier genannt oder die Notwendigkeit, Reagenzien und Produkte bei tiefen Temperaturen zu kühlen. [1]

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Forschung, Entwicklung und Produktion von Impfstoffen und Medikamenten, von Diagnostik-Tests sowie von Geräten und Verbrauchsmaterialien sind extrem wichtig, die Ergebnisse stehen im Vordergrund, genauso wie die Vorgaben durch Arbeits- und Gesundheitsschutz. Abläufe können nicht einfach geändert werden, schon gar nicht in validierten Bereichen. Aber das Bewusstsein über den hohen Ressourcenbedarf entlang der gesamten Wertschöpfungskette ist in den letzten Jahren gewachsen – und auch in der Life-Sciences-Branche wird es als Top-Thema für 2021 sowie darüber hinaus gesehen.[2]

Nachhaltigkeit in Pharma und Life Sciences

Genauso eindeutig wie das Thema in der Branche angekommen ist, genauso eindeutig gibt es Nachholbedarf. Deutlich wird dies anhand einer Studie aus dem Jahr 2018, die die CO2-Emissionen der Pharmaindustrie weltweit auf 52 Millionen Tonnen schätzt. Das sind 55% mehr CO2-Emissionen als die Automobilindustrie erzeugt, die im gleichen Jahr auf 46,4 Millionen Tonnen kommt. [3, 4] In Deutschland lagen die Emissionen der Pharma-Industrie im Jahr 2017 bei 1,9 Millionen Tonnen CO2 und der Stromverbrauch bei 6,57 TWh.

Insgesamt sind dies momentan nicht nur viel zu hohe Emissionen und Energieverbräuche, es zeigt sich auch kein signifikanter Rückgang über die Jahre. Für die Einhaltung der Klimaziele wie der Vorgabe aus dem deutschen Klimaschutzgesetz, bis 2050 klimaneutral zu werden, braucht es noch einiges an Anstrengungen. [5]

Hier geht's zu Teil 2 der Artikelserie zum Thema Nachhaltigkeit in den Life Sciences:

Es gibt allerdings Trends in der Branche, die in die richtige Richtung gehen, wie der Fokus auf Green Chemistry oder der Umstieg von Batch-Produktion in kontinuierliche Produktion. Andere Bereiche haben aber noch Optimierungspotenzial, wenn man beispielsweise bedenkt, dass die Produktion von 1 kg monoklonaler Antikörper circa 3500 bis 5000 kg CO2 emittiert – und 10 bis 20 MWh an Energie benötigt.

Zum Vergleich: Für die Produktion von Grundchemikalien wie Methanol, Ammoniak oder Wasserstoff wird lediglich ein 1000 stel davon benötigt. Um die Klimaziele zu erreichen, sollte die Effektivität von Methoden wie dieser bis 2030 um 50% verbessert werden, bis 2050 um 70%. [5]

Ähnlich sieht es mit Einmalplastik aus: In vielen Bereichen des täglichen Lebens wird dessen Verbrauch reduziert, während er in den Life-Sciences zunimmt. Einer Schätzung zufolge sind in den Laboren der Branche im Jahr 2014 mehr als 5,5 Millionen Tonnen Plastikabfälle angefallen. Das macht ca. 2% der weltweiten Plastikabfälle aus. [6]

Was bedeuten diese Trends für ein Unternehmen?

Unternehmen sehen sich also vielfältigen Anforderungen ausgesetzt: Kundenforderungen, wie der Einsatz von weniger Kunststoffen, alternativen Kunststoffen oder die Suche nach vollständigem Ersatz. Andererseits sind gerade in diesem Bereich Innovationen mit hohen Kosten und v. a. einem langen Zeithorizont verbunden. Auf der politischen Seite wird die Klimaneutralität vorangetrieben und gefordert. Das gilt nicht nur für Unternehmen, sondern auch Universitäten wie Forschungsgesellschaften nehmen die Vorgaben vermehrt auf.

Vielleicht kann man es gerade für diese Branche so sagen – Unternehmen sind sowohl Teil der Lösung als auch Teil des Problems. Sie sind einem besonderen Spannungsfeld ausgesetzt, denn egal ob Hersteller oder forschendes Unternehmen – sie müssen garantieren, dass Forschungs- bzw. diagnostische Ergebnisse verlässlich, schnell und sicher erhalten werden. Dazu kommen gesetzliche und regulatorische Vorgaben, vom streng geregelten diagnostischen Bereich bis zur Abfallentsorgung, die es so schwierig machen, Lösungen aus anderen Bereichen auf die Life- Sciences zu übertragen. Schließlich sind die Kosten ein wichtiger Faktor – sowohl bei der Entscheidung für eine bestimmte Richtung in der Produktentwicklung, die Ressourcen auf Jahre bindet als auch bei Anwendern, die sich mit knapper werdenden Forschungsbudgets für bestimmte Technologien entscheiden müssen.

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Hier geht's zu Teil 3 der Artikelserie zum Thema Nachhaltigkeit in den Life Sciences:

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