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Krabbelnde Schädlingsbekämpfer im Rapsfeld Natürliche Fressfeinde statt Chemiekeule

Autor / Redakteur: Robert Emmerich* / Christian Lüttmann

Jedes Jahr aufs neue versuchen Landwirte ihre Aussaat vor Schädlingen zu schützen – und greifen oft zu chemischen Insektiziden. Doch es gibt eine schonendere Maßnahme gegen das Ungeziefer, sagen Biologen der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Sie zeigen, dass man durch gezielte Bepflanzung auf die Unterstützung von Nützlingen bei der Schädlingsbekämpfung setzen kann.

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Der Kupferfarbene Buntgrabläufer (Poecilus cupreus) ist ein häufiger Nützling in der Agrarlandschaft.
Der Kupferfarbene Buntgrabläufer (Poecilus cupreus) ist ein häufiger Nützling in der Agrarlandschaft.
(Bild: Fabian Bötzl)

Würzburg – Auf Rapsfeldern tummeln sich etliche Insekten, die bei Landwirten nicht gern gesehen sind. Der Rapsglanzkäfer zum Beispiel. Seine Larven ernähren sich von den Rapsblüten, sodass keine Früchte entstehen und Ernteeinbußen drohen. Eine Vorliebe für Raps haben auch die Larven verschiedener Rüsselkäfer-Arten: Sie fressen sich in die Stängel der Pflanzen hinein und lassen diese verkümmern und absterben. Diese hungrigen Insekten werden in der konventionellen Landwirtschaft in der Regel chemisch bekämpft. Doch es gibt auch einen anderen, umweltfreundlichen Weg, sagen Biologen der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU).

Man kann die Schädlinge offenbar auch klein halten, indem man ihren natürlichen Feinden hilft. Dazu gehören zum Beispiel Laufkäfer, Spinnen und andere räuberische Insekten, die am Boden leben. „Sie fressen die Larven der Schädlinge, wenn die sich zur Verpuppung auf den Boden fallen lassen“, erklärt Prof. Jochen Krauß vom Biozentrum der JMU. Dadurch seien im Folgejahr weniger Schädlinge auf den Feldern zu finden. Frühere Studien hätten gezeigt, dass die räuberischen Insekten die Rapsfresser durchaus wirksam bekämpfen können.

Refugien für Räuber schaffen

Wie kann man die Feinde der Rapsfresser in der modernen Agrarlandschaft stärken? Das Forschungsteam vom Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie der JMU hat herausgefunden, dass dies vergleichsweise einfach möglich sein müsste – mithilfe von Blühflächen und anderen so genannten Agrarumweltmaßnahmen. Diese seien den Landwirten vom Staat zwar ohnehin vorgeschrieben und auf den Fluren in Deutschland auch relativ gut etabliert. Es sei aber nötig, die Maßnahmen noch planvoller und strategischer einzusetzen, so die Einschätzung der Forscher.

Blühflächen und ökologische Vorrangflächen sind nicht bewirtschaftete Äcker, die mit blühenden Pflanzen eingesät sind oder sich zu wiesenartigen Habitaten weiterentwickelt haben. „Auf solchen Arealen finden die Feinde der Rapsfresser dauerhaft gute Lebensbedingungen vor. Von dort können sie Raubzüge auf die Äcker unternehmen und die Larven der Schädlinge vertilgen“, sagt Lehrstuhlinhaber Prof. Ingolf Steffan-Dewenter.

Strategische Begrünung

Wir fanden auf Rapsfeldern, die an Agrarumweltmaßnahmen grenzen, doppelt so viele räuberische Laufkäfer wie auf anderen Rapsfeldern“, sagt Doktorand Fabian Bötzl. Mit wachsender Distanz zur Blühfläche habe die Zahl der räuberischen Arten und Individuen abgenommen. Die Distanz sei ein entscheidender Faktor für eine effektive natürliche Schädlingsbekämpfung, weil Dichte und Artenvielfalt von Räubern dafür ausschlaggebend seien.

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Die Ergebnisse hat das Forschungsteam auf 31 Studienflächen in der Umgebung von Würzburg – zwischen Gemünden, Ochsenfurt und Hassfurt – erarbeitet. Es untersuchte die Effekte von älteren und jüngeren Blühflächen, von ökologischen Vorrangflächen und von natürlichen Kalkmagerrasen.

Die am Boden aktiven Räuber (Käfer und Spinnen) wurden mit Bodenfallen gefangen, dann wurden Anzahl und Artenreichtum bestimmt. Der Versuch lief über drei Monate während der Wachstumsphase des Rapses, um die natürliche Schädlingskontrolle in dieser Zeit abschätzen zu können.

„Die Effekte der Agrarumweltmaßnahmen sind nicht anders als die von naturnahen Habitaten. Das verdeutlicht den Wert dieser Maßnahmen für die Agrarlandschaft“, so der Würzburger Ökologe. Er empfiehlt, Blühflächen und andere Refugien für Tiere in der Agrarlandschaft strategisch und gleichmäßig zu platzieren – das fördere nicht nur Wildbienen und andere Bestäuber, sondern auch die natürlichen Feinde von Schädlingen. Die gefundenen Distanzeffekte könne man jetzt nutzen, um mit Modellberechnungen und Simulationen die optimale Bewirtschaftungsform zu finden.

Originalpublikation: Fabian A. Boetzl, Elena Krimmer, Jochen Krauss und Ingolf Steffan-Dewenter: Agri-environmental schemes promote ground-dwelling predators in adjacent oilseed rape fields: diversity, species traits and distance-decay functions. Journal of Applied Ecology, 23. Mai 2018, DOI: 10.1111/1365-2664.13162

* R. Emmerich, Julius-Maximilians-Universität (JMU), 97070 Würzburg

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