Chemische Kooperation von Bakterien Angriffspakt im Mikrobenreich
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Getrennt voneinander sind sie ihrem Fressfeind ausgeliefert. Doch wenn sich die beiden Bakterienstämme zusammentun, produzieren sie in Kooperation ein Gift, was die feindlichen Amöben abwehrt. Diese bemerkenswerte Zusammenarbeit haben Forscher der Universität Jena entdeckt. Über solche Bakterien-Allianzen könnten auch neue Herstellungswege für Antibiotika gefunden werden.

Jena – Mikroorganismen leben natürlicherweise in Gemeinschaften. Sie wechselwirken miteinander und mit ihrer Umwelt. Das Zusammenleben wird durch Naturstoffe geregelt, kleine Moleküle, die durch ihre Aktivität komplexe Folgereaktionen bewirken: Einige Arten können sich sprichwörtlich gut riechen und sind einander wohl gesonnen, andere kämpfen gegeneinander bis in den Tod. Und manchmal sorgt ein gemeinsamer Feind für ungewöhnliche Allianzen.
So haben Vertreter der Bakteriengattungen Pseudomonas und Paenibacillus einen Weg gefunden, sich als Team gegen Amöben zu verteidigen. „Die beiden Bakterienspezies und die Amöben teilen sich ihren Lebensraum in der Natur, etwa im Waldboden. Dabei dienen die Bakterien den Amöben als Futter“, erklärt Pierre Stallforth vom Jenaer Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI).
Chemisches Teamwork
Wie Stallforth mit seinem Team herausfand, sind die Bakterien den Angriffen der Amöbe jedoch nicht schutzlos ausgeliefert. „Schließen sich Pseudomonas und Paenibacillus zusammen, dann können sie sich erfolgreich verteidigen und ihrem Fressfeind sogar den Garaus machen“, sagt der Forscher. Dabei bildet Pseudomonas zunächst ein harmloses Peptid-Molekül, das jedoch von seinem Teampartner Paenibacillus enzymatisch gespalten wird. Erst die dabei entstehenden Verbindungen haben eine mitunter tödliche Wirkung auf die Amöben.
„Wir konnten zeigen, dass eine organische Verbindung des einen Bakteriums das andere dazu anregt, Enzyme herzustellen. Und ebendiese spalten die organische Verbindung in kleinere Elemente, welche die Amöbe töten“ beschreibt Stallforth die Zusammenarbeit der beiden Bakterienstämme. „Durch gemeinsame Herstellung einer chemischen Waffe entkommen die Bakterien ihrem Schicksal, gefressen zu werden.“ Die Forscher vermuten, dass sie nur eines von vielen Beispielen dieser kooperativen Strategie im Mikrokosmos entdeckt haben.
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Auf die Spur dieses Verteidigungsbündnisses sind die Wissenschaftler gekommen, weil sie die beteiligten Mikroorganismen gemeinsam, statt wie üblich isoliert voneinander, kultiviert hatten. „Wir versuchen in unseren Laboren möglichst naturnahe Bedingungen herzustellen, denn inzwischen wissen wir, dass Mikroorganismen sich in Gemeinschaften anders verhalten, als in Reinkulturen“, begründet Stallforth diesen Ansatz.
Im Jenaer Exzellenzcluster „Balance of the Microverse“ arbeitet er mit anderen Experten daran, das Zusammenspiel von Mikroorganismen in verschiedenen Lebensräumen besser zu verstehen, um übergreifende Prinzipien daraus abzuleiten. Diese sollen dabei helfen, Herausforderungen wie Antibiotikaresistenzen, Pestizideinsatz in der Landwirtschaft sowie klimatische Veränderungen besser zu bewältigen.
Originalpublikation: Zhang S, Mukherji R, Chowdhury S, Reimer L, Stallforth P: Lipopeptidemediated bacterial interaction enables cooperative predator defense. PNAS February 9, 2021 118 (6); DOI: 10.1073/pnas.2013759118.
* A. Gold, Friedrich-Schiller-Universität Jena, 07743 Jena
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