Einzelatom-Katalyse Wie ein Atom vor Anker geht
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Der kleinstmögliche Katalysator ist ein einzelnes Atom. Doch wie hält man Einzelatome auf einer Oberfläche getrennt voneinander? Das hat ein Forscherteam der TU Wien untersucht und gezeigt, wie sich Atome auf Trägermaterialien verankern lassen.

Wien/Österreich – Oft heißt es „never change a running system“. Dabei können neue Methoden den alten weit überlegen sein. Während chemische Reaktionen bislang v. a. mit größeren Materialmengen, bestehend aus mehreren hundert Atomen, beschleunigt werden, liefern Einzelatome einen neuen Ansatz für die Katalyse. Ein internationales Forschungsteam fand nun unter Führung der TU Wien eine Möglichkeit, einzelne Atome kontrolliert und stabil auf einer Oberfläche zu verankern. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Katalyse mit Einzelatomen.
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Oberflächenreaktionen auf Nanoteilchen
Im Takt der Katalyse
Klein, Nano, Einzelatom
Moderne Katalysatoren bestehen bereits aus Nanopartikeln und sind somit sehr klein. Mit mehreren hundert Atomen pro Nanopartikel sind sie aber immer noch weit größer als Katalysatoren, die aus nur einem Einzelatom bestehen. Gelingt es, chemische Reaktionen mit weit kleineren als den bislang eingesetzten Materialmengen zu beschleunigen, eröffnet dies neue Möglichkeiten. Denn die Katalyse mit Einzelatomen ist nicht nur nachhaltiger und energieeffizienter, sie ist auch selektiver und erzielt eine bessere Ausbeute.
Ein Verfahren zur Herstellung von Einzelatomkatalysatoren bringt aber Herausforderforderungen mit sich. Besonders das Aufbringen von Einzelatomen auf festen Trägeroberflächen gestaltet sich schwierig. Der Grund: Einzelne Atome entfernen sich schnell von ihren Plätzen und fügen sich zu größeren Partikeln zusammen. Atomar feines Indium z. B. verklumpt sich normalerweise auf Kohlenstoffoberflächen schnell zu großen Nanopartikeln – die Vorteile der Einzelatom-Katalyse werden folglich aufgehoben. Das Team um die Wiener Forscher hat diese Hürden nun gemeistert.
Anker aus Silizium
Bei der neu entwickelten Methode dienen Siliziumatome als „Anker“ für metallische Einzelatome. Siliziumatome selbst kommen oft als Verunreinigung im Trägermaterial aus Kohlenstoff vor. An das Silizium werden Indiumatome gebunden, die als Katalysator fungieren. „Die Indiumatome binden gezielt an die Silizium-Anker im Kohlenstoff-Kristallgitter“, sagt Bernhard C. Bayer vom Institut für Materialchemie an der TU Wien. „Damit verbleiben die Indium-Einzelatome stabil an ihren Plätzen und verklumpen nicht.“
Der Prozess sei zudem potenziell skalierbar, wie Kenan Elibol von der TU Wien und dem Trinity College Dublin ergänzt. „Was die neue Technologie besonders spannend macht, ist, dass die Verankerung der Indiumatome durch die Siliziumatomen im Kohlenstoff selbstständig passiert, wenn die Reaktionsbedingungen stimmen“, führt der Erstautor der Studie fort.
Detaillierte Strukturanalyse
Mit einem hochauflösenden Elektronenmikroskop an der Universität Wien hat das Forschungsteam die Herstellungsmechanismen der Silizium-verankerten Indium-Einzelatome schließlich beobachtet. Damit wiesen die Wissenschaftler nach, dass die Verankerung der Indiumatome davon abhängt, wie die Silizium-Anker im Kohlenstoff-Kristallgitter eingebaut sind. Damit die Methode der Wiener Forschenden auch industriell eingesetzt werden kann, folgen weitere Experimente: „Die mit der neuen Methode platzierten Einzelatome sollen nun ausführlich als Katalysatoren für verschiedene chemische Reaktionen getestet werden“, sagt Studienleiter Bayer.
Originalpublikation: K. Elibol et al.: Single Indium Atoms and Few-Atom Indium Clusters Anchored onto Graphene via Silicon Heteroatoms, ACS Nano, 2021; DOI: 10.1021/acsnano.1c03535
* S. Link, TU Wien, 1060 Wien/Österreich
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