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Photopharmakologie Ein Licht-Schalter für Medikamente

Von Marco Körner*

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Medizinische Wirkstoffe nur da aktivieren, wo sie gebraucht werden – dies will ein Forscherteam mit Beteiligung der Universität Jena erreichen. Dazu haben die Wissenschaftler ein System entwickelt, bei dem ein Medikament gezielt über Licht „eingeschaltet“ wird. Mit der neuen Methode könnten in Zukunft Augen- oder Hautkrankheiten leichter behandelt werden.

Ein neuer Wirkstoff namens Optojasp wird erst aktiv, wenn violettes Licht darauf fällt.
Ein neuer Wirkstoff namens Optojasp wird erst aktiv, wenn violettes Licht darauf fällt.
(Bild: Juergen Scheere)

Jena – Je gezielter ein Medikament seine Wirkung im Körper entfaltet, desto geringer ist die Gefahr von Nebenwirkungen– allein schon, weil die benötigte Dosis geringer ist. Es ist jedoch oft schwierig, eine Medikation so präzise zu steuern. Problematisch ist dies etwa, wenn es um die Behandlung des Proteins Aktin geht. „Bisher gibt es keine einsetzbaren Wirkstoffe, die auf Aktin zielen, denn es kommt überall im Körper vor, in großen Mengen z.B. in den Muskeln“, erklärt Prof. Dr. Hans-Dieter Arndt von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Ein Medikament würde deshalb kaum eine lokal begrenzte Wirkung zeigen.

Arndt hat nun mit seinem Team aus Jena und Partnern aus München und News York ein Wirkstoffsystem entwickelt, was genau diese kontrollierte Wirksamkeit auf Aktin ermöglichen soll. „Unsere neuen Verbindungen entfalten ihre Wirkung gegenüber Aktin nur dort, wo die Zellen mit dem passenden Licht angeleuchtet werden“, sagt der Organische Chemiker.

Weil Aktin ein wesentlicher Bestandteil der Zellstruktur, genauer des Zytoskeletts, ist, können auf diese Weise einzelne Zellen gezielt manipuliert werden – bis auf zehn Mikrometer genau. Ebenso lässt sich die Bewegung bestimmter Zellen mit dieser Technik steuern.

Die Wirkstoffampel: Grün heißt „aus“, violett heißt „ein“

In ihrer Forschungsarbeit stellte die Gruppe eine Variante eines Naturstoffs her, der für sich genommen im Organismus das sehr dynamische Aktin-Zytoskelett versteift. In der Labor-Variante haben die Wissenschaftler das Molekül so weiterentwickelt, dass sich seine Struktur verändert, wenn violettes Licht darauf fällt. Die stabilisierende Wirkung des Moleküls nimmt dann zu. Nach einer bestimmten Zeit, oder aber durch grünes Licht, kehrt die Substanz wieder in ihre inaktive Grundstruktur zurück, und die natürliche Dynamik stellt sich wieder ein.

Nachdem diese Optojasp genannte Substanz in Laborversuchen von Zellen aufgenommen wurde, ließ sich durch Licht nun die Lebensfähigkeit und Beweglichkeit einzelner Zellen gezielt steuern – und ebenso die Kommunikation des Zytoskeletts. „Denkbar wäre, dass mit dieser Methode in Zukunft Krankheiten im Auge oder auf der Haut behandelt werden könnten, also von Organen, die sich einfach beleuchten lassen“, richtet Arndt den Blick in die Zukunft. „Auch im Bereich der Neuroregeneration könnte diese Technik interessant werden. Denn hier geht es oft darum, bestimmte Nervenzellen bevorzugt wachsen zu lassen, andere jedoch nicht.“

„Ein neues Werkzeug für die Biologie“

Ein weiteres mögliches Einsatzgebiet seiner Methode sieht Arndt bei sich stark bewegenden Immunzellen. „Vor allem aber sehe ich hier ein neues, spannendes Werkzeug für die Biologie“, sagt der Jenaer Chemiker. „Mit diesen Molekülen sollten sich biologische Systeme leichter untersuchen lassen als mithilfe von lichtempfindlichen Proteinen, wie sie etwa durch Gentechnik eingebracht werden können. Mit den Optojasps kann der Einfluss der Aktindynamik direkt untersucht werden – Substanzzugabe und Beleuchtung reichen aus.“ Nachdem die Forscher gezeigt haben, dass die Methode funktioniert, arbeiten Arndt und seine Kooperationspartner nun daran, die Moleküle weiter zu optimieren und besser zu verstehen.

Originalpublikation: M. Borowiak, F. Küllmer, F. Gegenfurtner, S. Peil, V. Nasufovic, S. Zahler, O. Thorn-Seshold, D. Trauner, H.-D. Arndt: Optical Manipulation of F-Actin with Photoswitchable Small Molecules, Journal of the American Chemical Society (2020). DOI: 10.1021/jacs.9b12898

* M. Körner, Friedrich-Schiller-Universität Jena, 07743 Jena

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