Duftstoffe wahrnehmen Karamell hat einen eigenen Rezeptor in unserer Nase
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Rund 400 verschiedene Rezeptortypen verwandeln in unserer Nase flüchte Moleküle in ein schier endloses Meer aus Düften. Dabei ist bei einem Großteil der Rezeptoren noch nicht klar, für welche Gerüche sie überhaupt zuständig sind. Ein Team der Technischen Universität München hat nun den Rezeptor für Karamell-Duft entschlüsselt.

Freising – Wer mag ihn nicht, den Duft von Karamell. Der Geruchsrezeptor, der entscheidend zu diesem Sinneseindruck beiträgt, war jedoch bislang unbekannt. Forscher des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München (LSB) haben nun das Geheimnis um seine Existenz gelüftet und den „Karamell-Rezeptor“ identifiziert. Das neue Wissen trägt dazu bei, die molekulare Codierung von Lebensmittelaromen besser zu verstehen.
Furaneol ist ein natürlicher Geruchsstoff, der zahlreichen Früchten wie Erdbeeren, aber auch Kaffee oder Brot einen karamellartigen Duft verleiht. Ebenso spielt die Substanz seit langem als Aromastoff bei der Lebensmittelproduktion eine wichtige Rolle. Dennoch war bis heute unbekannt, über welche der etwa 400 verschiedenen Geruchsrezeptortypen Menschen diesen Geruchsstoff wahrnehmen.
Wer riecht was?
Eine solche Wissenslücke ist nicht ungewöhnlich. Denn trotz intensiver Forschung gilt bislang: Nur für etwa 20 Prozent der menschlichen Geruchsrezeptoren ist bekannt, welches Duftstoffspektrum sie erkennen. Um zur Aufklärung der Erkennungsspektren beizutragen, nutzt das Team um Dietmar Krautwurst vom LSB eine Sammlung aller menschlichen Geruchsrezeptorgene und ihrer häufigsten genetischen Varianten, um ihre Funktion mittels eines Testzellsystems zu entschlüsseln.
„Das von uns entwickelte Testsystem ist weltweit einzigartig. Wir haben die Testzellen genetisch so verändert, dass sie wie kleine Biosensoren für Geruchsstoffe fungieren“, erklärt Krautwurst. „Dabei legen wir genau fest, welchen Geruchsrezeptortyp sie auf ihrer Zelloberfläche präsentieren. Auf diese Weise können wir gezielt untersuchen, welcher Rezeptor wie stark auf welchen Geruchsstoff reagiert.“ In ihrer Studie überprüften die Forscher auf diesem Weg insgesamt 391 menschliche Geruchsrezeptortypen sowie 225 ihrer häufigsten Varianten.
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Wahrnehmbarkeit von Duftstoffen
Warum intensiver Duft ein eher kurzes Vergnügen ist
Der Karamell-Rezeptor ist sehr wählerisch
„Wie unsere Ergebnisse zeigen, aktivierte Furaneol lediglich den Geruchsrezeptor OR5M3. Dabei reichen bereits ein tausendstel Gramm des Geruchsstoffs pro Liter aus, um ein Signal zu erzeugen“, sagt Franziska Haag, die Erstautorin der Studie. Darüber hinaus untersuchte das Team, ob der Rezeptor auch auf andere Geruchsstoffe reagiert. Hierzu überprüfte es weitere 186 Substanzen, die als so genannte Schlüsselgeruchsstoffe maßgeblich das Aroma von Lebensmitteln prägen. Von diesen war jedoch nur das chemisch sehr ähnliche Homofuraneol in der Lage, den Rezeptor signifikant zu aktivieren.
Der Geruchsstoff Homofuraneol ist strukturell eng mit Furaneol verwandt. Wie frühere Untersuchungen des LSB zeigen, verleiht er Früchten wie Durian ein karamellartiges Aroma. „Wir gehen davon aus, dass der von uns identifizierte Rezeptor OR5M3 ein sehr spezifisches Erkennungsspektrum für Lebensmittelinhaltsstoffe besitzt, die karamellartig riechen“, sagt Studienleiter Krautwurst. „Dieses Wissen könnte man sich in Zukunft zu Nutze machen, um neue Biotechnologien zu entwickeln, mit denen sich die sensorische Qualität entsprechender Lebensmittel entlang der gesamten Wertschöpfungskette schnell und einfach überprüfen lässt.“ Es sei zwar noch ein weiter Weg, das komplexe Zusammenspiel der ca. 230 lebensmittelrelevanten Schlüsselgeruchsstoffe und der menschlichen Geruchsrezeptoren zu verstehen, ein Anfang sei aber gemacht, führt der Molekularbiologe aus.
Originalpublikation: Haag F, Hoffmann S, Krautwurst D: Key food furanones furaneol and sotolone specifically activate distinct odorant receptors, J. Agric. Food Chem. 2021, 69, 37, 10999–11005; DOI: 10.1021/acs.jafc.1c03314
* Dr. G. Olias, Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der TU München, 85354 Freising
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