TOC-Analyse für den Trinkwasserschutz Lebensmittel Wasser: Wie sicher ist sicher?
Anbieter zum Thema
Kunststoffrohre, -schläuche oder -dichtungen – wie sicher sind diese für unser Trinkwasser? Die Art der Herstellung von Produkten oder Bauteilen aus organischen Materialien kann großen Einfluss auf die Trinkwasserhygiene haben, weshalb sie produkt- bzw. bauteilspezifisch beurteilt werden müssen. Dabei spielt die TOC-Analytik eine zentrale Rolle.

Trinkwasser ist unser aller höchstes Gut. Ein viel bemühter Satz, dem es aber keinesfalls an Wahrheit mangelt. Trinkwasser gilt hierzulande als das am besten untersuchte Lebensmittel überhaupt. Scheinbar unbegrenzt sprudelt es in hoher Qualität aus unseren Wasserhähnen. Doch das ist alles andere als selbstverständlich.
Die Anforderungen an die Trinkwasser-Qualität werden in der Trinkwasserverordnung festgelegt. Grundsätzlich gilt, dass Trinkwasser rein und genusstauglich sein muss. Doch bei seiner Gewinnung, Aufbereitung und Verteilung muss es durch viele Anlagen hindurch geleitet werden. Auch deren Betrieb wird in der Verordnung geregelt. Hier gilt: Trinkwasser darf durch den Kontakt mit deren Materialien nicht verunreinigt werden. Daher müssen solche Materialien sowie Produkte, die im Trinkwasserbereich eingesetzt werden und damit in Kontakt kommen, sowohl technisch wie auch hygienisch geeignet sein.
Von der freiwilligen Leitlinie zur Verpflichtung
Um sicherzustellen, dass organische Materialien wie Kunststoffe für den Trinkwassereinsatz geeignet sind und daraus keine Substanzen in das Trinkwasser migrieren, galt bislang die Kunststoff-Trinkwasser (KTW) -Leitlinie. Da Leitlinien jedoch eher einen Empfehlungscharakter haben, hat die Europäische Union ihre Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, die Anforderungen an Materialien im Kontakt mit Trinkwasser verpflichtend zu regeln.
Daher hat das Umweltbundesamt im März 2019 die Kunststoff-Trinkwasser-Bewertungsgrundlage (KTW-BWGL) herausgegeben. Sie löst offiziell die bisherigen Empfehlungen der KTW-Leitlinie ab und trat nach einer Übergangszeit von zwei Jahren 2021 in Kraft.
Sichere Kunststoffprodukte dank Zertifizierung
Um zugelassen zu werden, benötigen Anlagen, die mit Trinkwasser in Kontakt kommen, eine „Konformitätsbestätigung der trinkwasserhygienischen Eignung von Produkten“, die durch eine Zertifizierungsstelle durchgeführt wird. Zertifizierungsstellen sind nach DIN EN ISO/IEC 17065 akkreditierte Institutionen.
In der KTW-BWGL heißt es: „Produkte oder Bauteile aus organischen Materialien müssen produkt- bzw. bauteilspezifisch bewertet werden, da der Produktionsprozess (insbesondere Extrusion, Spritzgießen und Vernetzung) einen großen Einfluss auf die trinkwasserhygienischen Eigenschaften des Endproduktes haben kann …“ Die Eignungsprüfung von Materialien und Bauteilen aus Kunststoffen, wie Dichtungen, Schläuchen, Hähnen, Zählern, Zuleitungskabeln, Membranen für Ausdehnungsgefäße und vielen mehr, erfolgt über die Herstellung und Kontrolle von so genannten Migrationswässern. Diese werden nach Vorgaben der DIN EN 12873-1: 2014-09 oder DIN EN 12873-2: 2022-04, Prüfverfahren zum „Einfluss von Materialien auf Trinkwasser – Einfluss infolge der Migration“, angesetzt. Demnach werden Eluate in einem bestimmten Wasser-Produkt-Verhältnis erzeugt und anschließend hinsichtlich der Parameter Geruch, Trübung, Färbung, Schaumbildung und TOC analysiert.
Herstellung von Migrationswässern verlangt kontinuierliche Probenahme
Die Herstellung von Migrationswässern verlangt eine kontinuierliche Probengewinnung und ein aufwändiges Analyseverfahren. Dazu wird jedes Prüfstück einer Vorbehandlung unterzogen. Sie besteht aus einer Spül- und einer Stagnationsphase. Anschließend wird das Prüfstück für mindestens drei Migrationsphasen mit Trinkwasser versetzt, um die Migrationswässer zu erzeugen. Diese Migrationsperioden können je nach Verwendungszweck des Bauteils oder Materials mit Kaltwasser (72 Stunden bei 23 °C) oder mit Heißwasser (24 Stunden bei 60 bis 85 °C) durchgeführt werden.
Bei der Überprüfung eines Schlauchs, der im kalten Trinkwasserbereich verwendet werden soll, könnte die Vorgehensweise folgendermaßen aussehen: Zur Vorbehandlung wird das Prüfstück (ein Schlauchstück) über einen Zeitraum von einer Stunde mit Kaltwasser gespült. Dann wird der mit Wasser gefüllte Schlauch verschlossen und man lässt das Wasser für 24 Stunden stagnieren. Danach wird der Schlauch erneut eine Stunde lang vorgewaschen. Anschließend findet die Herstellung der Migrationswässer statt. So wird der Schlauch nach dem Vorwaschen mit Wasser gefüllt und verschlossen. Anschließend lässt man das Wasser über den Zeitraum einer Migrationsperiode (hier: 72 Stunden bei 23 °C) stagnieren. Dann wird das Migrationswasser zur Analyse entnommen und der Schlauch neu befüllt – die nächste Migrationsperiode beginnt. Wichtig ist, dass die Migrationsperioden ohne Unterbrechung hintereinander durchgeführt werden, um die Migrationswässer zu erstellen und eine kontinuierliche Messung zu erhalten.
Sind die Migrationswässer hergestellt, werden zeitnah die geforderten Analysen nach den entsprechenden Normen (TOC nach DIN EN 1484, Geruch/Geschmack nach DIN EN 1622, Trübung nach DIN EN ISO 7027, Färbung nach DIN EN ISO 7887) durchgeführt. Nur Produkte, die die geforderten Normen erfüllen, können für Trinkwasseranlagen verwendet werden.
Der Summenparameter TOC als zentraler Parameter
Der Summenparameter TOC (engl. total organic carbon = gesamter organischer Kohlenstoff) spielt hierbei eine übergeordnete Rolle. Er zeigt die Summe aller ins Wasser migrierten organischen Komponenten in einem Konzentrationswert an. Zur Bestimmung des TOC existieren verschiedene Bestimmungsmethoden. Laut KTW-BWGL wird der TOC dabei als nicht flüchtiger organischer Kohlenstoff (NPOC, engl. Non Purgeable Organic Carbon = nicht ausblasbarer organischer Kohlenstoff) nach DIN EN 1484: 2019-04 bestimmt. Dabei wird die Wasserprobe zur Probenvorbereitung mit einer Mineralsäure versetzt. Hierbei werden vorhandene Carbonate oder Hydrogencarbonate zu Kohlenstoffdioxid umgesetzt. Anschließend wird das CO2 mit einem Spülgas aus der Probe ausgetrieben. Dann wird ein Aliquot der vorbereiteten Probe in einer sauerstoffhaltigen Atmosphäre auf einen heißen Platinkatalysator injiziert. Hierbei werden die organischen Verbindungen zu Kohlenstoffdioxid oxidiert und durch ein Trägergas zu einem CO2-selektiven Detektor (NDIR) transportiert. Die Fläche des entstehenden Peaks entspricht dem Äquivalent der TOC-Konzentration.
Moderne TOC-Analysatoren, wie die der TOC-L-Serie von Shimadzu, übernehmen die gesamte Probenvorbereitung, d. h. Ansäuern und Ausgasen, vollautomatisch – entweder im Autosampler oder im Analysator selbst (s. Kasten „Auf einen Blick“). Sie oxidieren die organischen Komponenten bei einer Temperatur von 680 °C auf einem hocheffektiven Platinkatalysator. Hierbei liegt die Verbrennungstemperatur unterhalb der Schmelzpunkte gängiger Salze wie Natriumchlorid (Schmelztemperatur 801 °C). Das verhindert, dass es zu Salzschmelzen auf dem Katalysator kommt und erhöht die Standzeit der Systeme. Die TOC-L-Systeme haben zudem eine automatische Verdünnungsfunktion. Diese dient einmal zur Verdünnung von Proben, aber auch zur Verdünnung von Standardlösungen zur Erstellung von Mehrpunktkalibrationen in äquidistanten Konzentrationsabständen. Damit lassen sich z. B. aus einer Stammlösung automatisch 10-Punkt-Kalibrierungen erstellen – das spart dem Anwender viel Zeit. Zudem kann das System den Messbereich durch automatische Probenverdünnung entsprechend erweitern.
Fazit
Die KTW-BWGL schafft eine sichere Grundlage zur Bewertung von Materialien, die in Kontakt mit Trinkwasser kommen. Dabei geht es v. a. darum, zu verhindern, dass Materialien oder Bauteile das Trinkwasser durch Abgabe von Substanzen verunreinigen und dadurch die Qualität des Trinkwassers mindern und im schlimmsten Fall die Gesundheit von Menschen und Tieren beeinträchtigen. Um die Eignung von Bauteilen und Materialien zu prüfen, werden Migrationswässer hergestellt und analysiert. Neben dem Summenparameter TOC werden auch Geruch/Geschmack, Trübung und die Färbung der Migrationswässer untersucht. Neueste Geräte erleichtern durch Automatisierung den aufwändigen Prüfprozess erheblich.
* S. Hupach, Produktspezialist TOC, Shimadzu Deutschland GmbH
(ID:48540061)