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Cocktail aus 45 Antibiotika

Resistenzen unbekannt: Bienenwölfe nutzen seit 68 Millionen Jahren erfolgreich die gleichen Antibiotika

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Breitband-Schutz durch große Zahl antibiotischer Substanzen

Der breite Schutz des Antibiotika-Cocktails gegen eine Vielzahl an Schimmelpilzen beruht somit wahrscheinlich auf der großen Zahl von Substanzen, die von den Symbionten produziert werden. Da die meisten davon auf eine einzige Gruppe von Genen (Gencluster) zurückzuführen sind, untersuchten die Wissenschaftler auch die molekularen Ursachen für die große Zahl an Produkten. Sie stellten dabei an mehreren Schlüsselstellen der Biosynthese fest, dass die Enzyme der symbiotischen Streptomyceten weniger selektiv arbeiten als die freilebender Bakterien. Diese Ungenauigkeit führt zum Einbau unterschiedlicher Ausgangssubstanzen, wodurch eine größere Anzahl an Produkten gewonnen werden kann.

Zusätzlich wird das direkte Endprodukt der Piericidin-Biosynthese noch auf vielfache Weise modifiziert. Das Ergebnis ist eine Vielzahl von Antibiotika, die bei verschiedenen Bienenwolf-Arten in unterschiedlichen Mengen vorkommen. Ein geographisches Muster in den relativen Mengen der einzelnen Antibiotika lässt darauf schließen, dass sie bis zu einem gewissen Grad eine Anpassung an lokale Schimmelpilz-Gemeinschaften erlauben.

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Menschen sind anderem Selektionsdruck ausgesetzt als Bienenwölfe

Bienenwölfe und ihre Symbionten-produzierten Antibiotika sind dabei wohl einem anderen Selektionsdruck ausgesetzt als wir Menschen. Krankheitserreger beim Menschen gewinnen einen enormen Vorteil, wenn sie gegen gängige Antibiotika resistent werden, und können diesen Vorteil effektiv nutzen, da sie aufgrund unseres engen Zusammenlebens von Mensch zu Mensch übertragen werden können. Besonders vorteilhaft ist dies, sobald sie sich einmal in einem Krankenhaus ausbreiten können, wo sehr viele und oftmals immun-geschwächte Personen auf engem Raum zusammen leben.

„Bienenwölfe kommen im Gegensatz dazu meist nur in recht kleinen Populationen vor, die oft ihren Standort wechseln, da sie auf offene Sandflächen für ihre Nisthöhlen angewiesen sind“, erklärt Martin Kaltenpoth, der in Jena eine Max-Planck-Forschungsgruppe leitete, bis er 2015 auf einen Lehrstuhl für Evolutionäre Ökologie an der Universität Mainz berufen wurde. „Dadurch haben resistente Krankheitserreger kaum eine Möglichkeit, sich innerhalb und zwischen Populationen auszubreiten.“ Vielleicht sind deshalb noch keine resistenten Mikroorganismen bekannt, die sich auf den Bienenwolf spezialisiert haben. Viel wichtiger scheint für die Bienenwölfe also zu sein, dass ihre Verteidigung gegen ein möglichst breites und ständig wechselndes Spektrum an Schimmelpilzen wirksam ist. Dieser Selektionsdruck war wohl entscheidend dafür, dass sich sehr früh in der Evolutionsgeschichte der Symbiose ein effektives Gemisch entwickelt und seitdem kaum verändert hat.

Originalveröffentlichung: Engl, T., Kroiss, J., Kai, M., Nechitaylo, T., Svatoš, A., Kaltenpoth, M. (2018). Evolutionary stability of antibiotic protection in a defensive symbiosis. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, DOI 10.1073/pnas.1719797115

* A. Overmeyer: Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, 07745 Jena

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