Emotionales Essen Frustessen & Co. – Wie Stimmungslage und Essverhalten zusammenhängen
Wir kennen die Vorfreude auf das Lieblingsgericht, Kummerspeck, Trostschokolade und Schmetterlinge statt Hunger im Bauch. Bei Essstörungen wie Anorexie, Bulimie oder Binge Eating (Überessen) verquicken sich Nahrungsaufnahme und Emotionen auf krankmachende Weise. Neben Problemen für den Einzelnen – vom ungesunden Diätverhalten bis zu Übergewicht und sozialer Isolation – belasten Essstörungen auch das Gesundheitssystem massiv.
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Salzburg/Österreich – An das Leben als Jäger und Sammler in der kargen Steinzeit war der menschliche Körper perfekt angepasst. Heute leben wir mit dem gleichen Körper in einer Gesellschaft, die hochkalorisches Essen in Griffweite bietet. Dank Kühlschrank, Konditorei, Vorratslade und Würstelstand sind Snacks permanent verfügbar. Das fordert unsere Selbstbeherrschung heraus. Bereits bekannt ist, dass emotionsgesteuertes Essen bei Adipositas stärker ausgeprägt ist. Nur wenig ist darüber bekannt, wie Regulationsprozesse in Bezug auf die Nahrungsaufnahme funktionieren.
Das vom Wissenschaftsfonds FWF geförderte Projekt „Emo-Eat“ am Department für Psychologie der Universität Salzburg will den Zusammenhängen von Stimmungslage und ungesundem Essverhalten auf die Spur kommen. In Kooperation mit der Universität Luxemburg werden aktuell gesunde und bulimische Probandinnen verglichen. Es werden nur Frauen untersucht, da sie zum Großteil von Essstörungen betroffen sind. Um die Gemeinsamkeiten von gezügeltem und emotional gesteuertem Essen herauszuarbeiten, nähert sich das Projektteam methodisch mit einer Kombination von Lerntheorien, Laborexperimenten und einer Ernährungstagebuch-App. „Wir konzentrieren uns auf Nahrungsaufnahme, die nicht durch Hunger bedingt ist. Wir wollen den Zusammenhang von Emotionen und Essen herausarbeiten, der sich als Gusto auf schnell verfügbare comfort foods äußert“, erklärt Projektleiter Jens Blechert.
Affektregulierung durch Essen
Im FWF-Projekt werden Ergebnisse einer vorangegangenen Online-Befragung am Eating Behaviour Laboratory der Universität Salzburg weiter verfolgt. Darin gab die Mehrheit der befragten Frauen an, dass sie mehr essen als üblich, wenn sie traurig sind. In der Untersuchung kam auch heraus: Die Befragten essen weniger als üblich, wenn sie ängstlich oder wütend sind. Und wenn sie glücklich sind, essen sie genauso viel wie immer. Das Zusammenspiel von Angst beziehungsweise Aggression und Appetit ist physiologisch gut untersucht. Die Ausschüttung des Stresshormons Kortisol bereitet den Menschen auf die Abwehrstrategien Flucht oder Angriff vor. In beiden Situationen wird das Hungergefühl unterdrückt.
Was aber passiert beim Trost- und Frustessen? Trauer ist keine Bedrohungssituation. Für Jens Blechert ein Hinweis darauf, dass eher psychologische Mechanismen und erlernte Verhaltensweisen im Spiel sind. Essanfälle werden fast immer von Emotionen begleitet und eingeleitet. Eine bewährte Behandlungsform bei Essstörungen ist daher die Analyse von Situationen, die Überessen auslösen und eine Suche nach alternativen, gesünderen Selbstbelohnungen (zum Beispiel soziale Kontakte). Durch das Herausarbeiten der Gemeinsamkeiten von gesunden und bulimischen Esserinnen erhofft sich der Wissenschafter letztlich verfeinerte Interventionen.
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