Neuer Wirkstoff hilft beim Abnehmen Pille statt Diät?
Kohlsuppendiät oder Fitnessstudio: Es gibt zahllose Möglichkeiten abzunehmen. Einfach sind die wenigsten. Und gerade Patienten mit krankhaftem Übergewicht haben oft große Probleme, ihr Körpergewicht zu reduzieren. Statt zu chirurgischen Maßnahmen wie einer Magenverkleinerung zu greifen, könnte ihnen in Zukunft eine medikamentöse Behandlung helfen. Dies legt zumindest eine Studie von Dresdener Forschern zu einem neuen Wirkstoff nahe.
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Dresden – Rund 59% der europäischen Bevölkerung ist laut WHO-Gesundheitsbericht 2018 übergewichtig, Tendenz steigend. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, denn mit dem Körpergewicht steigt auch das Risiko für Diabetes, Gelenkschmerzen und andere Erkrankungen.
„Diäten und Magenverkleinerungen sind sicherlich wichtig und auch so etwas wie der Königsweg, wenn es darum geht, das Gewicht zu reduzieren. Allerdings sind heute auch andere wirksame Methoden gefragt, um einer drohenden Diabetesepidemie etwas entgegenzusetzen“, sagt Prof. Andreas Birkenfeld, Leiter des neu gegründeten Universitätsstudienzentrums für Stoffwechselerkrankungen an der TU Dresden.
In einer weltweiten Phase-2-Studie wurde nun erstmals an mehr als 900 Patienten die Wirksamkeit und Sicherheit des Mittels Semaglutid in der Adipositas-Therapie untersucht. Das Medikament ist eine neue Substanz, welches zur Klasse der Glucagon-artigen Peptid-1 (GLP-1)-Analoga zählt. Die Wirkungsweise ist ähnlich der körpereigenen Darmhormone, die das Sättigungsgefühl erzeugen. Semaglutid soll einmal wöchentlich verabreicht werden.
Gewichtsabnahme und weitere positive Effekte
Das Studienteam um Birkenfeld fand heraus, dass alle Semaglutid-Dosen im Vergleich zu Placebo deutlich das Körpergewicht reduzieren. In der höchsten Dosierung konnte eine Gewichtsabnahme von bis zu 17 Prozent des Ausgangskörpergewichts beobachtet werden. Ein Patient mit einem BMI von 35 kg/m2 konnte mithilfe des Medikaments so auf einen BMI von 29 kg/m2 zurückgeführt werden, heißt es in einer Pressemeldung. Dies entspricht formal dem Schritt von „fettleibig“ zu „übergewichtig“.
Zeitgleich seien der Blutzucker, der Blutdruck, und die Blutfette deutlich gesenkt worden. Birkenfeld bewertet die Ergebnisse positiv: „Der Patient hat nicht nur abgenommen, sondern Semaglutid gut vertragen. Die Nebenwirkungen entsprachen denen anderer bekannter GLP-1 Analoga und sind nicht als kritisch einzustufen.“
Tablette statt Magenband?
Die Wirkung von Semaglutid auf das Körpergewicht läute jetzt eine neue Ära der pharmakologischen Adipositastherapie ein, meinen die beteiligten Forscher. Es wird erstmals eine Gewichtsreduktion erreicht, die sonst meist nur mit einer chirurgischen Therapie möglich war.
Nachdem Semaglutid in der Typ-2-Diabetestherapie bereits zugelassen wurde, ist absehbar, dass es auch bei Adipositaspatienten zum Einsatz kommt. Denn bei Patienten mit Typ-2-Diabetes wurde schon bewiesen, dass das Medikament nicht nur eine Gewichtsreduktion bewirkt, sondern auch das Auftreten kardiovaskulärer Erkrankungen reduziert. Noch ist Semaglutid aber nicht für die Adipositastherapie zugelassen.
Originalpublikation: Prof Patrick M O'Neil, Prof Andreas L Birkenfeld, Barbara McGowan, Ofri Mosenzon, Sue D Pedersen, Sean Wharton, et al: Efficacy and safety of semaglutide compared with liraglutide and placebo for weight loss in patients with obesity: a randomised, double-blind, placebo and active controlled, dose-ranging, phase 2 trial. The Lancet. 2018 Aug 25;392(10148):637-649; DOI: 10.1016/S0140-6736(18)31773-2
* S. Wiegand, TU Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, 01307 Dresden
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